Mit autonom fahrenden Bussen, einer kürzeren Ausbildung, besseren Sprachtests und mehr Flüchtlingen am Steuer kann der steigende Personalmangel bei Bus-Unternehmen aus Sicht der CDU gebremst werden. Die Arbeitsbedingungen im Nahverkehr und damit auch zuverlässige Fahrpläne und eine dichte Taktung seien durch fehlende Mitarbeiter gefährdet, heißt es in einem Neun-Punkte-Papier, das die baden-württembergische CDU-Fraktion in Stuttgart beschlossen hat. Bereits heute hätten 4 von 5 Bus-Unternehmen Lücken im Personal, der demografische Wandel werde das Problem verschärfen. Dennoch will die grün-schwarze Landesregierung bis 2030 die Fahrgastzahlen in Bus und Bahn in Baden-Württemberg verdoppeln.
»Die vielen Gespräche mit Vertretern von Omnibusunternehmen und Bahnunternehmen zeigen uns, dass wir jetzt handeln müssen«, sagte CDU-Fraktionschef Manuel Hagel. Aus Sicht seiner Fraktion können automatisiert fahrende Busse einen wesentlichen Beitrag zum Ausbau und bei den Ausgaben des Nahverkehrs leisten. Es müssten »noch einige Hürden« beseitigt und ein rechtssicheres Konzept erstellt werden. Auf dem Weg zum Bus-Führerschein müssten zudem die Pflichtstunden wie in anderen Ländern Europas verringert und Fahrer je nach Vorkenntnissen und Begabung früher zur Prüfung zugelassen werden. Ausländische Führerscheine sollten nach dem Willen der CDU schneller anerkannt werden.
Um die Zahl der Busfahrer zu erhöhen, müssten auch Sprachbarrieren für Fahrer aus dem Ausland abgebaut und Flüchtlinge in einem Modellprojekt qualifiziert werden, wie es dies bereits bei Lokführern gibt. Busunternehmen wissen zudem aus Sicht der CDU noch zu wenig über die Anwerbung von Personal aus dem Ausland. Hier sei die Arbeitsagentur gefragt, heißt es im CDU-Positionspapier.
Zustimmung kommt aus der betroffenen Branche. Vor allem der Zugang zum Busführerschein ist dem Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmen (WBO) ein Dorn im Auge. »Er ist zum einen zu teuer, dauert zum anderen zu lange und hat auch nicht mehr zeitgemäße sprachliche Anforderungen«, sagte WBO-Geschäftsführerin Yvonne Hüneburg der Deutschen Presse-Agentur. Eine Reform sei zwingend nötig – »und zwar schnell, sonst werden zunehmend mehr Busleistungen ausfallen.«
Weniger zufrieden äußerten sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Gewerkschaft Verdi. »Eine sich abzeichnende Fachkräftelücke von etwa 76.000 Busfahrerinnen und Busfahrern im Land mit Hilfe von autonomem Fahren lösen zu wollen – dafür braucht es schon viel Fantasie«, sagte die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende Maren Diebel-Ebers. Vielmehr müsse der Job attraktiver gemacht werden. »Dazu gehört an erster Stelle ein Tarifvertrag, der faire Entgelte und gute Arbeitsbedingungen garantiert«, sagte sie.
Nach einer Umfrage des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) unter seinen Mitgliedsunternehmen hat der Personalmangel bei den privaten und mittelständischen Betrieben ein existenzbedrohliches Ausmaß angenommen. Im vergangenen September klagten 93,5 Prozent der Firmen über Personalmangel. Mehr als 95 Prozent der befragten Unternehmen gehen laut Verband davon aus, dass sich das Problem verschärfen wird. Für das Jahr 2030 geht der Verband von 76.000 fehlenden Mitarbeitenden am Steuer aus.
Positionspapier der Bus-Unternehmen zum Personalmangel
Positionspapier der CD-Fraktion
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