Mit satten 2,8 Promille intus ist ein S-Bahn-Fahrer von der Stuttgarter Bundespolizei aus dem Verkehr gezogen worden. Der sturzbetrunkene 43-Jährige habe zuvor an manchen Stationen nicht gehalten, Türen gar nicht oder erst mit Verspätung geöffnet. Bei Durchsagen soll der Mann über seinen Job und Arbeitgeber gelästert haben. Bevor er ins Krankenhaus kam, gab er an, schon vor Dienstbeginn Alkohol getrunken zu haben, wie eine Sprecherin der Bundespolizei am Freitag sagte. Laut Deutscher Bahn (DB) wird der Mitarbeiter bis auf weiteres nicht mehr im Fahrbetrieb eingesetzt.
Das Ganze hätte deutlich schlimmer enden können: Seinen Dienst hatte der Mann laut Bundespolizei am Donnerstag um 13.38 Uhr angetreten, festgenommen wurde er erst am späten Abend. Ob er zu Beginn der Schicht deutlich betrunkener war oder zwischendurch noch Alkohol getrunken hat, war zunächst unklar. »Der Mann ist noch nicht vernehmungsfähig«, sagte die Sprecherin am Vormittag. Bis dato hätten keine Reisenden gemeldet, dass es vorher schon Probleme gegeben habe.
Offensichtlich schaffte er es die ganze Zeit, einen Schutzmechanismus zu betätigen: Lokführer müssen alle 30 Sekunden eine spezielle technische Vorrichtung, die sogenannte Sicherheitsfahrschaltung, bedienen. Wenn sie das nicht tun, bleibt der Zug stehen.
Aufgeflogen war die Promille-Fahrt, als die S6 gegen 22.30 Uhr an der Station Rutesheim vorbeirauschte. Eine dort wartende Frau, die ihre Tochter abholen wollte, alarmierte die Polizei. An der Endhaltestelle Weil der Stadt habe er nach bisherigen Erkenntnissen alle Passagiere aussteigen lassen, sagte die Sprecherin. Die Strecke vom Stuttgarter Hauptbahnhof bis dorthin dauert nach Angaben der Bahn planmäßig fast 40 Minuten. Zwölf Zwischenhalte liegen auf dem Weg.
Der 43-Jährige sei dann einfach weitergefahren, sagte die Sprecherin. Der Fahrer habe noch eine ungeplante Schleife gemacht, bis er von sich aus am Bahnhof Korntal-Münchingen stehen geblieben sei. Dort nahmen Beamte ihn fest. Er habe freiwillig einen Alkoholtest gemacht.
Was der S-Bahn-Fahrer bei den Durchsagen konkret gesagt hat, blieb im Unklaren. Die Sprecherin der Bundespolizei sagte lediglich, der Mann habe sich »sichtlich negativ über seinen Arbeitgeber geäußert«.
Gegen den Mann wird nun wegen des Verdachts auf gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr ermittelt. Eine DB-Sprechrein teilte mit, nach einem solchen Vorfall werde der Triebfahrzeugführerschein des Mitarbeiters sofort eingezogen und dem Eisenbahnbundesamt übergeben. »Alkoholmissbrauch im Führerstand ist kein Kavaliersdelikt.«
Generell sei Alkoholkonsum überall im Unternehmen tabu, sagte sie. An allen Arbeitsplätzen gelte eine Null-Promille-Regelung. Regelmäßig müssten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gesundheitschecks machen.
Nach Angaben der Bahn und der Bundespolizei ist ein solcher Fall eine Seltenheit. Die Sprecherin der Bundespolizei sprach von einem »herausragenden« Sachverhalt. »So haben wir das noch nie gehabt.« Sie erinnerte sich nur an einen Vorfall, bei dem ein Betrunkener in einem Führerhaus gesessen hatte. Dieser habe die Bahn aber nicht gesteuert.
Im Januar hatte die Bundespolizei in Niedersachsen einen betrunkenen Lokführer aus dem Verkehr gezogen. Er war mit einer Lok von Oldenburg nach Wilhelmshaven gefahren, um einen Kesselwagen abzuholen. Ein Mitarbeiter bemerkte, dass der Mann Schwierigkeiten beim Rangieren hatte. Ein Atemalkoholtest ergab einen Wert von 2,17 Promille.
Mitteilung zum Fall in Niedersachsen
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