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Betriebe: Hälfte kann nicht alle Ausbildungsplätze besetzen

Firmen im Südwesten stehen immer häufiger vor demselben Problem: Sie finden nicht genügend Auszubildende. Eine Umfrage zeigt eine klare Entwicklung.

Ausbildung
Eine Auszubildende zur Köchin im dritten Lehrjahr arbeitet in einem Hotel in der Küche eines Restaurants. Foto: Sebastian Gollnow/DPA
Eine Auszubildende zur Köchin im dritten Lehrjahr arbeitet in einem Hotel in der Küche eines Restaurants.
Foto: Sebastian Gollnow/DPA

Der Industrie und dem Handel im Südwesten fällt es immer schwerer, alle Ausbildungsplätze zu besetzen. 49 Prozent der Unternehmen fanden im vergangenen Jahr nicht für alle angebotenen Plätze einen Azubi. Das zeigt eine bundesweite Umfrage der Industrie- und Handelskammern, deren Ergebnisse für Baden-Württemberg der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. 51 Prozent der befragten Unternehmen hatten demzufolge kein Besetzungsproblem.

Die Situation hat sich in den vergangenen Jahren verschärft: In der letzten Umfrage vor der Pandemie gaben 70 Prozent der befragten Unternehmen an, alle Ausbildungsplätze besetzen zu können. Bei 30 Prozent war das nicht der Fall. In der Umfrage für 2021 klagten bereits 43 Prozent der Unternehmen, nicht ausreichend Auszubildende gefunden zu haben.

Als Gründe nannten die Unternehmen vor allem keine geeigneten oder gar keine Bewerbungen. Der Umfrage zufolge hat das Gastgewerbe die größten Probleme, alle Plätze zu besetzen. Rund 61 Prozent der Unternehmen aus dieser Branche konnten nicht genügend Auszubildende finden. Spitzenreiter ist die Immobilienbranche, in der fast acht von zehn Unternehmen alle Plätze besetzen konnten.

An der Umfrage beteiligten sich dem Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag zufolge im Mai rund 14.300 Unternehmen - gut 3000 davon aus dem Südwesten. Der BWIHK ist der Dachverband der Industrie- und Handelskammern im Land und vertritt nach eigenen Angaben etwa 650.000 Unternehmen.

Der Präsident der für Ausbildung zuständigen IHK Region Stuttgart, Claus Paal, sagte laut Mitteilung: »Wir dürfen nicht aufhören, die Werbetrommel für die duale Ausbildung zu rühren.« Es müsse Anreize geben, damit sich mehr junge Menschen für eine Ausbildung entschieden. Paal sieht auch die Landespolitik in der Pflicht - etwa durch eine Stärkung der Berufsorientierung an Schulen sowie Anreizen für Bildungspartnerschaften zwischen Schulen und Betrieben.

Kurz vor dem Beginn des neuen Ausbildungsjahres im Herbst gibt es den Angaben zufolge in jeder Branche und fast jedem Beruf offene Lehrstellen. 35 Prozent der Betriebe mit offen Plätzen erhielten 2022 keine Bewerbung - demnach wohl eine Folge der pandemiebedingt ausgefallenen Berufsorientierung und Schülerpraktika.

»Wer flexibel ist, der findet auch jetzt noch die passende Stelle für einen guten Start ins Berufsleben«, sagte Paal. Die Kammern unterstützten Jugendliche und deren Eltern bei der Berufsorientierung.

In den Lehrstellenbörsen der Handwerkskammern sind aktuell gut 3100 Ausbildungsplätze zu finden, wie der Handwerkstag mitteilte. Für Interessierte gibt es demnach wie in Industrie und Handel auch kurzfristig noch die Chance auf eine Ausbildung. »Wer Sinn in der Arbeit und Perspektiven fürs Berufsleben sucht, sollte mehr denn je übers Handwerk nachdenken. (...) Denn für die Zukunftsthemen - ob Energie- oder Mobilitätswende - werden mehr denn je qualifizierte Handwerker gebraucht«, teilte Präsident Rainer Reichhold mit.

Um die duale Ausbildung zu stärken, forderte Reichhold ein Umdenken in der Gesellschaft: »Der Trend zum Studium muss gestoppt werden. Wir brauchen endlich eine echte Gleichwertigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung.« Um die Fachkräfte von morgen adäquat auf die Anforderungen ihres künftigen Berufs vorzubereiten, seien moderne Bildungszentren notwendig. Außerdem brauche es eine ergebnisoffene Berufsorientierung in allen Schulformen, auch an Gymnasien.

© dpa-infocom, dpa:230808-99-757246/5