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Besucher-Tests setzen Pflegeheime unter Druck

Die Pflegeheime müssen immer mehr Anforderungen bewältigen. Ziel ist, die Risikogruppe der Senioren vor Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen. Die Heime ächzen bereits unter Personalknappheit. Sie wünschen sich Hilfe.

STUTTGART/BERLIN. Der Verband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) schlägt Alarm: Die seit Montag (18. Januar) geltende Corona-Testpflicht für Besucher von Pflegeheimen bringe die Einrichtungen an die Grenze ihrer Kapazitäten, sagte Stefan Kraft, Leiter der bpa-Landesgeschäftsstelle. Auch die wöchentlich dreimalige - statt wie bislang zweimalige - Testung der Mitarbeiter sowie die Testung Externer wie Handwerker verschärften die Lage. »Wir können das nicht mehr stemmen«, sagte Kraft der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

Jegliche Hilfe von Soldaten über Mitglieder der Rettungsdienste bis hin zu Ehrenamtlichen sei dringend benötigt. Der Einsatz von Stammpersonal würde die Versorgung der alten Menschen beeinträchtigen. Nach Verbandsangaben sind bundesweit 4000 Heime im bpa organisiert, davon 340 in Baden-Württemberg.

Das Sozialunternehmen der Landeshauptstadt Stuttgart leben&wohnen bot die Testung für Besucher in seinen zehn Pflegeeinrichtungen bis Dienstagmittag gar nicht an. »Unsere personelle Situation ist angespannt, so dass wir leider keine Mitarbeitende für Testungen freistellen können«, hieß es auf der Webseite. Die Stadt teilte später am Tag mit, dass in ihren Pflegeheimen nun mehrmals die Woche kostenlose Antigen-Schnelltests für Besucher angeboten würden. Die Zeiten seien bei den einzelnen Einrichtungen zu erfahren. Zudem bestehe ein Testangebot auf dem Veranstaltungsplatz Cannstatter Wasen und bei Ärzten. Der vorzulegende negative Coronatest darf bei Antigen-Schnelltests höchstens zwei Tage, bei PCR-Tests höchstens drei Tage alt sein.

Auch für die BeneVit Gruppe mit Sitz in Mössingen ist die bereits seit Ende Oktober laufende Testung der Besucher ihrer 26 Pflegeheimen mit viel Aufwand verbunden. Je nach Größe der Einrichtung werden täglich jeweils etwa 20 bis 30 Besucher mit Antigen-Schnelltests geprüft. Besuche sind nach vorheriger Terminabsprache den gesamten Tag über möglich, wie der Geschäftsführende Gesellschafter Kaspar Pfister erläuterte. So könne sich das Personal darauf einstellen.

»Die Testung bindet Personalressourcen, aber zusätzliches Personal wurde dafür nicht eingestellt, zumal es das auch nicht gibt«, so Pfister. Die Gruppe habe aber einen Personalpuffer durch sogenannte Präsenzkräfte, die in den Wohneinheiten mit den alten Menschen kochen, basteln oder Wäsche zusammenlegen. Die Testung der Besucher sei sinnvoll: Bislang sei bei 174 von 58 000 Tests der Erreger Sars-CoV-2 festgestellt worden. Über 90 Prozent der Betroffenen habe keine Symptome gezeigt.

Der bpa-Bundesgeschäftsführer Herbert Mauel findet es schwierig für die Verbandsmitglieder, die neuen Regeln zu realisieren. Er wünscht sich mehr Spielregeln für das Umsetzen der Testpflicht für Besucher. »Wir fühlen uns ein bisschen alleine gelassen«, sagte er. In der baden-württembergischen Verordnung ist zu lesen: »Die Einrichtungen haben den Besuchern und externen Personen die Durchführung der Testung anzubieten.« Darüber hinaus müssen Besucher FFP2- oder vergleichbare Masken tragen.

Mauel meint, um Diskussionen zu vermeiden, hätten die Corona-Verordnungen der Länder beispielhafte Szenarien für die Abnahme der Abstriche aufführen können. So hätten etwa bestimmte Testzeiten am Tag genannt werden können. Damit würden zwar spontane Besuche eingeschränkt, aber gravierende Versorgungslücken für die Bewohner durch das Abziehen von Betreuungspersonal vermieden.

Von generellen Besuchsbeschränkungen könne keine Rede sein, betonte Mauel. Die Situation könne auch nicht durch Einstellung von Mitarbeitern für die Tests entspannt werden. Der Markt für Pflegekräfte sei leer gefegt. Mauel: »Es geht nicht um Willkür im Umgang mit Besuchern, sondern um den sinnvollen Einsatz einer knappen Ressource.« (dpa)