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Belarussische Oppositionelle erhält Menschenrechtspreis

In Belarus kämpft die Oppositionelle Maria Kolesnikowa gegen Machthaber Lukaschenko und kommt deswegen in Haft. International wird die 39-Jährige nun für ihren Einsatz geehrt. Sie kann allerdings auch die jüngste Auszeichnung in Esslingen nicht selbst entgegennehmen.

Maria Kolesnikowa
Maria Kolesnikowa, eine der Oppositionsführerinnen in Belarus. Foto: Dmitri Lovetsky
Maria Kolesnikowa, eine der Oppositionsführerinnen in Belarus.
Foto: Dmitri Lovetsky

Die belarussische Oppositionelle Maria Kolesnikowa wird für ihr Engagement und ihren politischen Mut außer der Reihe mit dem Theodor-Haecker-Preis der Stadt Esslingen ausgezeichnet. Weil die 39-Jährige zu einer langen Haftstrafe verurteilt worden ist, nahm ihre Schwester, Taziana Chomitsch, die Auszeichnung für sie am Sonntag (11.00 Uhr) entgegen. Während Kolesnikowa die Haft absitzt, bemüht sich Chomitsch immer wieder, an die Lage in ihrer Heimat und an die Gefangenen zu erinnern.

Nach ihren Angaben geht es ihrer Schwester den Umständen entsprechend gut. »Sie ist so stark und so zuversichtlich, soweit ich das beurteilen kann«, sagte Chomitsch der Deutschen Presse-Agentur in Esslingen. »Und ich bin überzeugt davon, dass sie auch weiterhin voller Hoffnung ist für sich und unser Land.« Sie habe mit der 39-Jährigen vor kurzem ein Videotelefonat führen dürfen. »Das war das erste Mal seit eineinhalb Jahren, dass wir miteinander sprechen konnten«, sagte Chomitsch im Vorfeld der Preisverleihung. »Und es war für mich einer der schönsten Tage seit vielen Monaten.«

Bei den Protesten gegen Machthaber Alexander Lukaschenko in Belarus war Maria Kolesnikowa ein Symbol der Freiheit. Sie war im Zuge der Präsidentenwahl im August 2020 zusammen mit der Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo international bekannt geworden. Die beiden anderen Frauen sind im Ausland im Exil. Nach den Fälschungsvorwürfen gegen die Abstimmung hatte sich Kolesnikowa den Massenprotesten gegen den als »letzten Diktator Europas« kritisierten Lukaschenko angeschlossen. Der Machthaber ließ die Demonstrationen mitunter blutig niederschlagen und sagte seinen Gegnern den Kampf an. Auch Kolesnikowa.

Die Aktivistin und Musikerin wurde vom Geheimdienst KGB in Minsk entführt. Als sie in die Ukraine abgeschoben werden sollte, zerriss sie kurz vor dem Grenzübergang ihren Pass und vereitelte so Pläne, sie aus dem Land zu vertreiben. Dafür erhielt sie international Anerkennung. Anfang September vergangenen Jahres war die Künstlerin, die lange Zeit auch in Stuttgart als Kulturmanagerin gearbeitet hat, in einem international kritisierten Prozess zu elf Jahren Straflager verurteilt worden. Der autoritäre belarussische Staatsapparat wirft ihr versuchte Machtergreifung vor.

Aus Sicht von ihrer Schwester Chomitsch haben die Menschen Belarus seit der Niederschlagung der Proteste zwar nicht vergessen. Sie sehe aber das Risiko, dass das passieren könne vor allem im Schatten des Krieges in der Ukraine. »Deshalb ist es wichtig, immer wieder auch über das Leiden der Menschen in Belarus zu sprechen.« Eine Preisverleihung wie nun in Esslingen sei wichtig, um an die Lage und an die Gefangenen in Belarus zu erinnern. »Unsere Heimat ist nicht weit von hier und es leiden dort Menschen tagein, tagaus.«

Kolesnikowa hat in den vergangenen zwei Jahren unter anderem den Sacharow-Preis, den Lew-Kopelew-Preis und den Stuttgarter Friedenspreis sowie den Václav-Havel-Menschenrechtspreis und den Karlspreis erhalten.

Der Theodor-Haecker-Preis wird seit 1995 alle zwei Jahre vergeben. Er ist dieses Mal wegen seiner außerordentlichen Vergabe mit 5000 Euro dotiert. Benannt ist er nach dem 1897 geborenen Schriftsteller und Widerstandskämpfer im Nationalsozialismus. Haecker hatte einen großen Teil seines Lebens in Esslingen verbracht.

Informationen zum Preis

© dpa-infocom, dpa:220313-99-499721/3