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Bei EM-Fans auf Fachkräftefang

Den Schotten hat es in Stuttgart gefallen. Doch sind sie gekommen, um auch zu bleiben?

Egal, ob ihre Nationalmannschaft gewonnen oder verloren hat: Die schottischen Fans verwandelten die Stuttgarter Innenstadt bei d
Egal, ob ihre Nationalmannschaft gewonnen oder verloren hat: Die schottischen Fans verwandelten die Stuttgarter Innenstadt bei der EM 2024 in eine Partyzone. FOTO: LICHTGUT/ KOWALENKO
Egal, ob ihre Nationalmannschaft gewonnen oder verloren hat: Die schottischen Fans verwandelten die Stuttgarter Innenstadt bei der EM 2024 in eine Partyzone. FOTO: LICHTGUT/ KOWALENKO

STUTTGART. Kann man aus internationalen Fußballfans hoch qualifizierte Mitarbeiter für Firmen in der Region Stuttgart machen? Schon als die FDP im Vorfeld der Fußball-EM 2024 in der Regionalversammlung den Vorschlag machte, die EM 24 für Fachkräftewerbung zu nutzen, wurde über die Sinnhaftigkeit des Themas im Wirtschaftsausschuss heiß diskutiert. Letztlich stellte das Gremium aber 120.000 Euro für das Experiment bereit.

Fans übers Handy eingeladen

Ob die damit finanzierte Kampagne tatsächlich erfolgreich war – oder ob nicht sinnlos viel Geld verschleudert worden ist, das wollte Michael Kaiser, der oberste Wirtschaftsförderer der Region Stuttgart, bei der Präsentation der Zahlen im jüngsten Ausschuss nicht abschließend sagen. Sein Fazit: Zwar sei es gelungen, die Vorzüge der Region für einen großen Kreis von nationalen und internationalen Gästen sichtbar zu machen. Das spiegele sich in einer erfreulich hohen Zahl von Zugriffen auf die Begrüßungswebsite der Region wieder. Kaiser: »Ob und wie viele Menschen aber tatsächlich über einen Umzug nach Stuttgart nachgedacht haben, lässt sich nur schwer einschätzen.«

Während der WM-Spiele hatte die Region die Fans entlang der Besucherwege in der Stadt, in Hotels, am Flughafen und am Hauptbahnhof auf digitalen Werbeflächen wechselnd in Englisch und in den Sprachen der jeweils aufeinandertreffenden Teams auf die Attraktivität des Wirtschafts- und Arbeitsstandorts Region Stuttgart hingewiesen. Es folgte eine dreimonatige Phase, in der Fans über Handys dazu eingeladen wurden, die Region als attraktiven Lebens- und Arbeitsstandort zu entdecken. Dabei erhielten sie einen direkten Zugang zu einer Übersicht der aktuellen Jobangebote in der Region. Um an die dafür benötigten Daten der Fans kommen, waren ihre Handy an festgelegten Orten in der Innenstadt und im Stadion getrackt worden. Die Zahlen: mit Hilfe der Plakataktionen will der zuständige Vermarkter acht Millionen Kontakte erzielt haben. Immerhin 700.000 Mal sind die Handy-Anzeigen ausgespielt worden, wobei sie allein in Schottland 200.000 Mal zu sehen waren. Die Schotten waren es auch, die am häufigsten auf die Willkommens-Website der Region geklickt haben, gefolgt von Ukrainern und Ungarn. Rund ein Drittel der 90.000 Seitenaufrufe könne man auf die Kampagne der Region zurückführen, teilte Kaiser dem Gremium mit. Von diesen 30.000 Webkunden haben letztlich aber nur 182 das extra geschaffene Jobportal angeklickt.

Überflüssig oder gelungen?

Entsprechend uneinig waren sich die Regionalräte, ob man sich in Zukunft bei ähnlichen Ereignissen genau so erneut engagieren sollte. Von »vollkommen überflüssig und sinnlos« bis »gelungenes Experiment« reichten die Wortbeiträge. Ein Fakt könnte solchen Überlegungen rasch den Nährboden entziehen: Denn ein ähnliches Ereignis ist, nachdem der Gemeinderat sich gegen die Beteiligung der Stadt an der Frauen-EM ausgesprochen hat, ohnehin nicht in Sicht. (GEA)