Der Südwesten trauert um den verstorbenen Papst Benedikt XVI.: Die Bischöfe im Land würdigten ihn am Samstag als »deutschen Papst« und prägend für die katholische Kirche. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erinnerte sich an ihn als bedeutenden deutschsprachigen Theologen. Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist am Samstagmorgen im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan gestorben.
Für den Freiburger Erzbischof Stephan Burger war Benedikts Pontifikat geprägt durch geistige Brillanz und Klarheit sowie durch Warmherzigkeit und fromme Tiefe. Bei aller Trauer dürften aber auch die schmerzlichen Ereignisse im Umgang mit Missbrauchsvorwürfen und -tätern nicht ausgeblendet werden, die Joseph Ratzinger als Erzbischof von München und Freising betreffen. Als Präfekt der Glaubenskongregation und als Papst habe er klare Maßstäbe in der Aufarbeitung gesetzt, so Burger in einer Mitteilung.
Aus Sicht des Rottenburger Bischofs Gebhard Fürst hat Benedikt die katholische Kirche nachhaltig geprägt. Er hob unter anderem einen Brief Benedikts an die irische Kirche zum dortigen Missbrauchsskandal im Jahr 2010 hervor. Darin hieß es: »Wir brauchen eine neue Vision, um zukünftige Generationen zu inspirieren, das Geschenk unseres gemeinsamen Glaubens zu schätzen.«
Der Freiburger Verlag Herder erinnert sich an Benedikt als »Papst der Bücher«. Mit mehr als 60 Publikationen sei er einer der langjährigsten und prägendsten Autoren des Verlags, so Verleger Manuel Herder.
Für Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann war Benedikt ein engagierter Kämpfer für die Einheit der Kirche und beharrlicher Verteidiger dessen, was ihm als Wesensgehalt des Katholizismus unaufgebbar erschien. So wichtig Benedikt die Größe der Kirche gewesen sei, so wenig habe er Wert auf seine Person gelegt. Sein 2013 erklärter Amtsverzicht aus Altersgründen werde das Papstamt dauerhaft prägen.
Vize-Ministerpräsident und CDU-Landeschef Thomas Strobl sagte: »Wir trauern heute um unseren deutschen Papst.« Benedikt sei vielen Menschen ein Vorbild gewesen und habe ihnen Halt und Orientierung gegeben. »Persönlich durfte ich ihn als einen super gescheiten Philosophen und liebenswürdigen Menschen kennenlernen.«
CDU-Fraktionschef Manuel Hagel sprach von einer bemerkenswerten historischen Persönlichkeit und einem streitbaren Intellektuellen. »Nicht nur Deutschland sondern die ganze Welt verliert mit Joseph Ratzinger einen prägenden Menschen.« Die CDU-Baden-Württemberg twitterte: »Sein Leben hat er der Kirche gewidmet. Ruhe in Frieden, Papst.«
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist am Samstagmorgen im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan gestorben. Der Gesundheitszustand des gebürtigen Bayern hatte sich zuletzt verschlechtert. Joseph Ratzinger war am 19. April 2005 als Nachfolger von Johannes Paul II. zum Papst gewählt worden. Benedikt war der erste deutsche Papst seit etwa 480 Jahren.
In seinem Pontifikat führte Benedikt den konservativen Kurs seines Vorgängers fort. Er stemmte sich gegen eine Modernisierung der Kirche, was ihm viel Kritik einbrachte. Die anfängliche Begeisterung der Deutschen schwand. Seine Amtszeit wurde vor allem von Missbrauchsskandalen überschattet, die die katholische Kirche in eine tiefe Krise stürzten.
2022 geriet auch sein eigener Umgang mit Missbrauchsfällen in der Zeit als Erzbischof von München und Freising in die Schlagzeilen. Ein vom Münchener Erzbistum in Auftrag gegebenes Missbrauchsgutachten warf ihm Fehlverhalten in vier Fällen vor. Benedikt war von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising gewesen.
Biografie Benedikt auf Vatikan-Webseite
Übersicht Enzykliken Benedikt XVI.
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