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Beauftragter sieht Probleme bei Führungskultur der Polizei

Ein Jahr lang hat der neue Wertebeauftragte untersucht, was bei Polizei und Innenverwaltung schiefläuft. Nun zieht er eine erste Bilanz - und macht eine ganze Reihe Verbesserungsvorschläge.

Beamte der Polizei
Beamte der Polizei. (Symbolbild) Foto: Marijan Murat/DPA
Beamte der Polizei. (Symbolbild)
Foto: Marijan Murat/DPA

Aus Sicht des Wertebeauftragten der baden-württembergischen Innenverwaltung, Jörg Krauss, haben die Polizei und weitere Behörden Nachholbedarf bei der Führungskultur. Gespräche mit Beamtinnen und Beamten hätten ergeben, dass es eine Angst gebe, bei der täglichen Arbeit Fehler zu machen, weil diese von Kollegen und Vorgesetzten immer wieder mit Versagen gleichgesetzt würden, heißt es im Bericht des Beauftragten. »Dadurch würde eine Kultur der Angst gefördert, die weder ermutigt neue Wege zu gehen noch etablierte Abläufe zu hinterfragen«, heißt es in dem Papier.

Zudem hätten viele Gesprächspartner um eine intensivere Rückendeckung durch die Führungsebene gebeten. »In einigen Fällen stand das Gefühl des «alleingelassen Werdens» im Raum«, schreibt Krauss in seinem Bericht. Im Falle von Schwierigkeiten sei es ungewiss, ob man die Unterstützung der Führung bekomme.

24 Handlungsempfehlungen für die Polizeiführung

Krauss und sein Team haben 24 Handlungsempfehlungen erarbeitet, wie die Führungskultur der Innenverwaltung und vor allem der Polizei gestärkt werden kann. So solle bei der Auswahl von Führungskräften stärker auf deren soziale Kompetenzen und nicht mehr nur auf deren Beurteilungen geschaut werden.

Zudem empfiehlt Krauss eine positive Fehlerkultur. Führungskräfte müssten die Voraussetzungen schaffen, dass Fehler offen angesprochen werden könnten - ohne Angst vor negativen Konsequenzen. Außerdem solle ein regelmäßiges Feedback an Führungskräfte zum Standard werden und die Kommunikationskultur offener gestaltet werden.

Weitere Vorschläge des Wertebeauftragten zielen auf die Entlastung von Polizeivollzugsbeamten von Verwaltungsaufgaben, bessere Entwicklungsmöglichkeiten, eine bessere Ausstattung von Beamtinnen und Beamten und eine Stärkung sogenannter Tarifbeschäftigter - also Mitarbeiter, die nicht verbeamtet sind.

Strobl: »Das wird umgesetzt«

Innenminister Thomas Strobl sagte, die Vorschläge von Krauss würden jetzt nicht einfach in die Schublade gelegt. »Das wird umgesetzt«, sagte der CDU-Politiker, ohne einen konkreten Zeitraum zu nennen. Er könne aber etwa eine neue Führungskultur nicht ohne die Unterstützung der gesamten Polizei einführen. »Ich kann mich nicht hinstellen und sagen: Das macht ihr jetzt mal so. Das muss gelebt werden, die Führungskräfte müssen das ausstrahlen«, so Strobl.

Mit Blick auf den Wunsch nach mehr Rückendeckung sagte er: »Ich kann das nur vorleben. Ich stehe vor der Polizei - auch dann, wenn die Luft bleihaltig ist und sich viele verabschieden.« Er erwarte, dass das innerhalb der Organisation von Vorgesetzten auch entsprechend gemacht werde.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft sieht in dem Bericht des Wertebeauftragten einen »Offenbarungseid« für das Innenministerium und dessen Verständnis von Führung. »Das Papier fordert in großen Teilen Veränderungen, die eigentlich selbstverständlich sind und schon längst implementiert sein sollten«, teilte die Gewerkschaft mit. Es sei erschreckend, dass Selbstverständlichkeiten im Umgang und in der Organisationskultur offenbar kein Konsens seien und nicht von allen Führungskräften gelebt würden.

Posten des Wertebeauftragten Konsequenz aus Polizeiaffäre

Strobl hatte Krauss, den ehemaligen Amtschef des Finanzministeriums, im vergangenen Sommer zum Wertebeauftragten der Innenverwaltung gemacht. Den Posten gab es vorher nicht.

Die Stabsstelle war als Konsequenz aus der Affäre um den Inspekteur der Polizei eingerichtet worden. Der ranghöchste Polizeibeamte des Landes musste sich im vergangenen Jahr wegen Vorwürfen sexueller Nötigung vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten und war freigesprochen worden.

Die Affäre hatte auch einen Untersuchungsausschuss im Landtag zur Folge. Dabei geht es um die Beförderungspraxis bei der Polizei und um die Frage, wie der mittlerweile vom Dienst freigestellte Inspekteur der Polizei auf seinen hohen Posten kommen konnte.

© dpa-infocom, dpa:240726-930-185241/2