Das Stuttgarter Innenministerium hat den Auftritt von Klimaaktivisten bei Veranstaltungen der Hochschule für Polizei gegen Kritik aus dem Landtag verteidigt. Auch für die Hochschule in Villingen-Schwenningen gelte der Grundsatz der Freiheit von Forschung und Lehre, teilte das von Ressortchef Thomas Strobl (CDU) geführte Ministerium am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart mit. Aus der Stuttgarter Landtagsopposition kam deutliche Kritik. Zuvor hatte »Bild« berichtet.
Die Vertreter der Klimagruppe Letzte Generation traten am 16. Mai bei einem sogenannten Studium generale der Hochschule auf. Es ging dabei um die Klimaproteste dieser Gruppe, wie aus einer bisher unveröffentlichten schriftlichen Antwort des Ministeriums von Mitte August auf einen Antrag der AfD-Landtagsfraktion hervorgeht. Die Antwort liegt der dpa vor. Als Studium generale bezeichnet man üblicherweise Hochschullehrveranstaltungen, die zum Allgemeinwissen beitragen.
Am 21. März seien bereits Angehörige der Gruppe bei einer Veranstaltung der Polizei-Ausbildungsstätte im Schwarzwald-Baar-Kreis zum Thema »Aktuelle Einsatzlagen« per Video zugeschaltet worden, schrieb das Ministerium. Es sei nicht vorab über die Einladungen informiert worden.
Die AfD-Landtagsfraktion kritisierte die »Zusammenarbeit der Landespolizei« mit der Letzten Generation: »Das ist ein klarer Bruch mit rechtsstaatlichen Prinzipien«, teilte der sicherheitspolitische Sprecher Hans-Jürgen Goßner mit und sprach von einem Skandal. Die Fraktion trete hingegen dafür ein, die von ihr so genannten Klimakleber zu bekämpfen.
Auch die FDP-Fraktion stellte in dieser Sache einen Antrag, der aber nach eigenen Angaben bisher nicht beantwortet wurde. Die Abgeordnete Julia Goll teilte einem Fraktionssprecher zufolge mit, die Einladungen für die Letzte Generation erschienen ihr nicht transparent. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christian Gehring, erklärte, es sei als höchst unglücklich zu bezeichnen, wenn eine Polizeihochschule Menschen einlade, die Straftaten begangen haben.
Ähnlich sieht das die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG). »Notwendig war dies nicht«, sagte deren Bundesvorsitzender Rainer Wendt. »Es gibt eine Fülle von Ausbildungskonzepten, bei denen Einsatzsituationen aus der Praxis nachgestellt und kommunikativ und einsatztaktisch bewältigt werden.« Verantwortliche der Hochschule wollten aus seiner Sicht sehr fortschrittlich wirken. »Das ist gründlich schief gegangen, das Vorgehen ist unprofessionell und teilweise peinlich«, sagte Wendt.
Aktionen der Letzten Generation forderten die Polizei im besonderen Maße, teilte hingegen das Innenministerium mit. In der Hochschullehre gehe es unter anderem um »das richtige strategische und taktische Vorgehen bei Blockadeaktionen«. Die Polizeihochschule trete selbst dafür ein, das Problem fächer- und fakultätsübergreifend anzugehen.
Wie eine Ministeriumssprecherin am Abend ergänzte, respektiere Strobl die Freiheit von Forschung und Lehre für die Hochschule. Er trete aber im Umgang mit »Klimaklebern der Letzten Generation« für eine harte Linie ein: »Straftaten werden in Baden-Württemberg konsequent und hart verfolgt«, so die Sprecherin. Sie wies auf ein Urteil des Amtsgerichts Heilbronn hin, das im Frühjahr Aktivisten der Letzten Generation wegen einer Blockadeaktion zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung verurteilt hatte.
Wie die Hochschule auf Anfrage mitteilte, gab es am 16. Mai viele Fragen der Studierenden an die fünf Vertreter der Letzten Generation. Das »didaktische Ziel einer kritischen Auseinandersetzung mit der Thematik« sei erreicht worden, berichtete ein Sprecher.
Laut »Bild« waren am 16. Mai rund 850 Menschen versammelt. Das Ministerium äußerte sich in der schriftlichen Antwort nicht im Detail zu den Aktivisten und zur Zahl der Teilnehmer. Dem Blatt zufolge wurde bei der Veranstaltung auch eine Blockadeaktion simuliert. Am Ende habe es lauten Applaus gegeben.
Auf die Frage zu Auftritten an anderen Landeseinrichtungen antwortete das Stuttgarter Ministerium, ein Mitglied der Letzten Generation sei am 4. Mai bei einer Veranstaltung der Hochschule Pforzheim dabei gewesen. Zwei Aktivisten waren zudem am 15. Mai in der Pädagogischen Hochschule Freiburg.
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