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Anstiftung zum Mord: Ehepaar verurteilt

Das Gericht ist überzeugt: Ein Ehepaar wollte den Ex-Partner der Frau durch einen Auftragskiller umbringen lassen. Die Richterin bescheinigt den beiden Angeklagten »eine enorme Fallhöhe«.

Justitia
Die Justitia ist an einer Scheibe am Eingang zum Oberlandesgericht zu sehen. Foto: Rolf Vennenbernd
Die Justitia ist an einer Scheibe am Eingang zum Oberlandesgericht zu sehen.
Foto: Rolf Vennenbernd

Dieser Fall ist selbst für die Vorsitzende Richterin ungewöhnlich: Wegen gemeinschaftlich versuchter Anstiftung zum Mord sind eine Ex-Schönheitschirurgin und ihr Ehemann zu jeweils mehr als fünf Jahren Haft verurteilt worden. Das Landgericht Hamburg sah es als erwiesen an, dass die 49 Jahre alte Ärztin und der 52 Jahre alte Unternehmer versucht haben, über das Darknet einen Auftragsmörder zu engagieren, der den in Hamburg lebenden Ex-Lebenspartner der Frau töten sollte. Mit ihm befand sich die Angeklagte, die zuletzt mit ihrem Ehemann in Stuttgart lebte, in einem Sorgerechtsstreit um die gemeinsame Tochter.

»Das ist ein außergewöhnlicher Fall«, sagte die Vorsitzende Richterin am Dienstag bei der Urteilsverkündung. Zum einen, weil ein solches Verbrechen nicht häufig vorkomme, zum anderen, weil zwei ehemals beruflich erfolgreiche Menschen zu so einer Tat fähig seien. Sie bescheinigte den beiden Angeklagten »eine enorme Fallhöhe«, aber Verbrechen kämen in allen Gesellschaftsschichten vor.

Die Ärztin wurde zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte sieben Jahre und zehn Monate Haft gefordert. Der Unternehmer wurde zu fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre und acht Monate gefordert. Die Verteidigung forderte einen Freispruch für ihre Mandanten. Gegen das Urteil kann Revision eingelegt werden.

Laut Gericht hatten die beiden Angeklagten Anfang 2022 auf einer Website im Darknet unter einem Pseudonym einen entsprechenden Tötungsauftrag gepostet und dabei auch ein Foto des geplanten Opfers und dessen Hamburger Anschrift veröffentlicht. Außerdem sollen sie den vom Websitebetreiber geforderten Lohn in Form von Bitcoins im Wert von rund 15 000 Dollar bei einem von diesem empfohlenen Treuhandservice eingezahlt haben.

Der Auftragsmord wurde jedoch nicht ausgeführt. Das Angebot entpuppte sich als Fake. Daraufhin sollen sich die Angeklagten Mitte März Hilfe suchend an einen im Forum der Website aktiven Nutzer gewandt und ihn um Rat gebeten haben. Der vermeintliche Helfer war jedoch ebenfalls Teil des Betrugskonstrukts der Websitebetreiber. Am 4. April sei den beiden Angeklagten dann von einem Administrator mitgeteilt worden, »dass das von ihnen eingezahlte Geld nicht zurückerstattet werde«.

Auf die Schliche kamen die deutschen Ermittlungsbehörden dem Ehepaar durch einen Tipp des FBI, das die Auftragskiller-Vermittlung im Darknet offenbar beobachtet hatte. Verhaftet wurden die beiden im Juni - die Frau in einem Hamburger Gerichtssaal, wo sie als Zeugin gegen ihren angeblich prügelnden früheren Lebensgefährten aussagen wollte. Dieser wurde später freigesprochen und trat im aktuellen Verfahren als Nebenkläger auf.

Die 49-Jährige hatte während des Prozesses alles gestanden und mit einer psychischen Ausnahmesituation erklärt. Das Gericht glaubte ihr den schlechten Zustand aber nicht. »Uns wurde hier viel Theater geboten - und meistens war es schlechtes«, sagte die Richterin. Die Vorwürfe gegen ihren Ex-Partner habe die Frau frei erfunden, um das alleinige Sorgerecht für die gemeinsame Tochter zu bekommen.

Der 52 Jahre alte Unternehmer hatte eine Tatbeteiligung bestritten. Das Gericht sah es jedoch als erwiesen an, dass er die Bitcoins für die Bezahlung der angeblichen Auftragsmörder besorgte. Er wollte »ein harmonisches Familienleben« haben und habe als einzigen Ausweg die Ermordung des ehemaligen Lebensgefährten gesehen, weil dieser das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter bekommen hatte.

Die Richterin machte deutlich, dass der 52-Jährige im Falle eines Geständnisses ein weitaus geringeres Strafmaß bekommen hätte. Über die 49-Jährige urteilte sie: »Diese Frau macht alles kaputt. Sie hat zwei Familien zerstört: die alte und die neue.« Sie hoffe, dass das Urteil nicht anfochten werde, damit die Frau so schnell wie möglich eine Therapie beginnen könne.

© dpa-infocom, dpa:230403-99-197499/5