SCHROZBERG. Innerhalb von nur einer Woche ist aus der kleinen Gemeinde Schrozberg im Hohenlohischen einer der bundesweiten am stärksten belasteten Corona-Hotspots geworden. Gleich reihenweise hatten sich zunächst die Erzieherinnen in einem Kindergarten der Kommune krankgemeldet. Die sogenannte Inzidenz verfünffachte sich in nur einer Woche und erreichte am Mittwoch einen vergleichbar astronomischen Wert von 1065,5 Fällen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum 62 Neuinfektionen in der 5.800 Einwohner-Kommune registriert, wie der Landkreis mitteilte. Weitere Großausbrüche sind nach Angaben der Schrozberger Verwaltung nicht bekannt.
»Es verschärft sich von Tag zu Tag«, sagte Schrozbergs Hauptamtsleiter Helmut Hüttner am Donnerstag. »Das zieht schon noch Kreise.« Helfen soll unter anderem ein provisorisches Testzentrum, in dem sich Einwohner Schrozbergs, aber auch Menschen aus den benachbarten Gemeinden im Kreis Schwäbisch Hall seit der vergangenen Woche untersuchen lassen können. »Die eine Hälfte meines Personals ist im Laden, die andere in der Stadthalle«, erzählt Apothekerin Birgit Kammleiter. Sie hatte das kleine Zentrum mit viel Pragmatismus und Einsatz initiiert. Die Kosten für die Tests rechnet sie über die Kassenärztliche Vereinigung ab.
In acht Umkleidekabinen mit Sichtschutz werden seitdem Dutzende Menschen am Tag getestet. »Das war dringend nötig«, sagte Kammleiter am Donnerstag. »Nach einem Jahr sind alle müde zu hören, dass sie Abstand halten und eine Maske tragen sollen. Es wurde Zeit, dass wir hier etwas anbieten.« Allerdings kritisiert sie die bürokratischen Hürden und Fallstricke: »Es ist zeitraubend. Wir haben aber als Ärzte und Apotheker tagtäglich mit dem Thema zu tun, da könnte man uns auch mehr zutrauen.«
Wenig hilfreich sei daher auch das jüngste Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim zu den Quarantäneregeln für Kontaktpersonen von Kontaktpersonen gewesen, sagte Hüttner. Das Gericht hatte eine Regelung des Landes außer Vollzug gesetzt, nach der Kontaktpersonen von Menschen, die mit einem mit einer Virusvariation Infizierten in Berührung gekommen sind, sich ebenfalls absondern müssen. »Das ist kontraproduktiv. So verlieren wir den Überblick«, sagte Hüttner der dpa.
Auch die Stadt Crailsheim bleibt weiter stark belastet: Dort wurde die Inzidenz am Mittwochabend mit 521,2 angegeben, allerdings ist Crailsheim auch deutlich größer als Schrozberg. In der Stadt hatten Ausbrüche in Kindergärten und einer Unterkunft für Flüchtlinge sowie in mehreren Betrieben für den deutlichen Anstieg gesorgt.
Der Landkreis Schwäbisch Hall gehört mit einer Inzidenz von 270,9 (Stand: Mittwoch, 16.00 Uhr) zu den Hotspot-Regionen in Deutschland. Seit Donnerstag fährt ein Testbus durch den Kreis, in dem erstmals kostenlose Antigen-Schnelltests für Schüler angeboten werden. Zunächst sollte der Bus am Donnerstag Crailsheim anfahren, am Freitag wird er in Schrozberg erwartet. Außerdem gibt es eine verstärkte Maskenpflicht in der Innenstadt von Schwäbisch Hall, Geschäfte und Lokale sind geschlossen, es sind zudem besondere Regeln beim Einkaufen in Lebensmittelgeschäften vorgeschrieben.
Der Landkreis Schwäbisch Hall hatte wegen seiner Notlage zuletzt zusätzliche Corona-Impfdosen vom Land gefordert. Angesichts des starken Infektionsgeschehens und der anhaltend hohen Inzidenz im Landkreis sei dringend eine Hotspot-Strategie erforderlich, hieß es in einem Schreiben an Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) vom vergangenen Dienstag. Unterzeichnet wurde es von Landrat Gerhard Bauer und den Oberbürgermeistern der beiden größten Städte des Kreises, Schwäbisch Hall und Crailsheim. (dpa)