Vier Monate vor dem endgültigen Aus für das Atomkraftwerk Neckarwestheim 2 hatten sich Experten beider Seiten vor dem VGH am Mittwoch einen Schlagabtausch um Sicherheitsstandards für Kernkraftwerke und deren Einhaltung geliefert.
Einer der beiden Kläger, der 15 Kilometer von Neckarwestheim entfernt wohnt, gab vor Ort an, auch angesichts der bevorstehenden offiziellen Abschaltung nicht klein beigeben zu wollen. »Jeden Tag kann die Katastrophe passieren.« Die Atomkraftgegner halten eine Kernschmelze für nicht ausgeschlossen. Nach Meinung der von der Anti-AKW-Organisation »ausgestrahlt« unterstützten Anwohner läuft Block 2 seit 2018 im Dauer-Störfallbetrieb. Damals seien Haarrisse an den Heizrohren in den vier Dampferzeugern von entdeckt worden. Deren Zahl belaufe sich nunmehr auf über 350.
Die Vertreter des beklagten Umweltministeriums sahen hingegen keinen Grund, der ein vorzeitiges Abschalten rechtfertigen würde. Die Kläger halten es hingegen für nicht unwahrscheinlich, dass es zu Brüchen zwischen den Revisionen der Anlage komme. Aus Sicht des Ministeriums ist die Wanddicke ausreichend und Schwachstellen würden schnell behoben.
Der VGH hatte bereits im April 2022 einen Eilantrag auf einstweilige Einstellung des Betriebes abgelehnt. Der 10. Senat hatte das damit begründet, dass die engen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt seien. Ein Erfolg im Hauptsacheverfahren sei nicht wahrscheinlich und den Antragstellern drohten keine existenziellen Gefahren für Leib und Leben.
Die Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland hätten am 31. Dezember dieses Jahres vom Netz gehen sollen. Wegen der angespannten Energieversorgung sollen sie jetzt über das Jahresende hinaus bis zum 15. April 2023 weiterlaufen können. Im Block 1 Neckarwestheim hatte die Stromproduktion schon im Jahr 2011 geendet, nachdem die Bundesregierung infolge der Nuklearkatastrophe von Fukushima den Atomausstieg in Deutschland beschlossen hatte.
Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen. Dagegen kann binnen eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht erhoben werden (Az. 10 S 4004/20). Die Urteilsgründe wurden noch nicht veröffentlicht.
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