Der Inspekteur soll den Ermittlungen zufolge vor mehr als einem Jahr in Stuttgart die Polizeibeamtin sexuell belästigt haben. Diese soll Teile eines Videotelefonats mitgeschnitten haben, bei dem der Inspekteur die fraglichen Äußerungen getätigt haben soll.
Die Generalstaatsanwaltschaft stützt sich nun auf die Sichtweise der Ermittler, es fehle bei dem Mitschnitt an einem hinreichenden Tatverdacht auf Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes. Aufgrund eines »rechtfertigenden Notstandes« habe die junge Beamtin nicht rechtswidrig gehandelt, hatte die Staatsanwaltschaft Stuttgart argumentiert. Die Aufzeichnung des Gesprächs mit dem Inspekteur sei geeignet und verhältnismäßig gewesen, um die »fortdauernde Gefahr« abzuwehren, von dem obersten Polizeibeamten zur Aufnahme einer sexuellen Beziehung gedrängt zu werden. Dem sei sie durch die Herbeiführung eines Straf- und Disziplinarverfahrens begegnet.
Der Strafprozess gegen den suspendierten Spitzenpolizisten, der die Vorwürfe bestreitet, beginnt am 21. April. Das Landgericht Stuttgart hat dafür zunächst acht Verhandlungstage angesetzt. Ursprünglich hatte der Anwalt des Inspekteurs darauf gesetzt, dass angesichts der Beweislage keine Anklage erhoben werde. Die Beamtin wird an dem Verfahren als Nebenklägerin teilnehmen.
Auch Innenminister Thomas Strobl (CDU) steht wegen der Sache seit längerem unter Druck - er hatte nach eigenen Angaben ein Schreiben des Anwalts des Inspekteurs an einen Journalisten weitergereicht. Ein Untersuchungsausschuss im Landtag beleuchtet sexuelle Belästigung bei der Polizei sowie die Beförderungspraxis und die Handlungen Strobls.
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