Bei gewalttätigen Protesten gegen den Landesparteitag der AfD im Südwesten sind 55 Menschen in Offenburg verletzt worden. Unter ihnen waren 53 Polizeibeamte und zwei Demonstrationsteilnehmer, wie die Polizei am Sonntag bilanzierte.
Polizisten erlitten bei den Krawallen am Samstag Atemwegsreizungen, weil sie mit einem Feuerlöscher gezielt angesprüht wurden und weil Vermummungsmaterial, Kleidung und Pyrotechnik brannten. Andere Beamte trugen Prellungen und Schürfungen davon, weil sie geschlagen und getreten wurden. 17 Beamte waren letztlich dienstunfähig, wie die Polizei berichtete.
Mehrere Hundert Mitglieder der AfD Baden-Württemberg waren am Samstag zu ihrem Landesparteitag in der Stadt im Ortenaukreis zusammengekommen. Das Treffen ging am Sonntag zu Ende.
Gegen Teilnehmer der Gegen-Demonstration wurden 20 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Eine Ermittlungsgruppe der Polizei identifiziere mögliche Straftäter und bearbeite die Verfahren. Im Raum standen Vorwürfe wie schwerer Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung.
Die Polizei nahm am Samstag die Personalien von mehr als 400 Teilnehmern auf. Für mehr als 300 Menschen gab es zudem einen Platzverweis, um weitere Störaktionen zu verhindern.
Um den Protestzug zu stoppen, setzten Beamte Schlagstöcke gegen Demonstranten ein, wie ein dpa-Reporter berichtete. Gleichzeitig seien die Teilnehmer per Lautsprecher aufgefordert worden, friedlich zu bleiben. Auf Bannern war unter anderem zu lesen: »Solidarität statt Spaltung - Klassenkampf statt rechter Hetze« und »Antifa«.
Bei der Kundgebung unweit des Tagungsorts Oberrheinhalle flogen laut Polizei schon zur Mittagszeit Farbbeutel gegen Gebäude und einen Beamten. 400 Teilnehmer widersetzen sich auch der Anordnung, die Demonstration anzuhalten.
Vor den Ausschreitungen hatten bei einer anderen Demonstration mindestens 1200 Menschen friedlich in der Innenstadt und am Messegelände protestiert. Das Bündnis »Aufstehen gegen Rassismus« distanzierte sich später von der Gewalt bei der Folgedemo.
Bündnissprecherin Jenny Haas kritisierte aber einen »vollkommen überzogenen Polizeieinsatz« - verantwortlich dafür war aus ihrer Sicht die Versammlungsbehörde der Stadt Offenburg, wie es in einer Mitteilung hieß. Die Stadtverwaltung äußerte sich nach den Vorfällen auf Anfrage zunächst nicht.
Die AfD im Südwesten verschob wegen internen Widerstands eine große Reform der Satzung auf den kommenden Parteitag. Dieser dürfte im kommenden Jahr stattfinden, wie Co-Landesvorsitzender Emil Sänze am Samstag sagte.
Bei dem Vorhaben der neuen Satzung geht es unter anderem darum, eine zusätzliche Kontrollinstanz im Landesverband einzuführen. Das Thema sorgte für teilweise chaotische Debatten bei dem Treffen. Sänze räumte ein, in der Partei seien wohl noch nicht alle Gräben überwunden. Unter den AfD-Abgeordneten im Südwesten tobte jahrelang ein Machtkampf zwischen gemäßigten Kräften und Anhängern des rechten Rands.
Der andere Co-Vorsitzende Markus Frohnmaier sagte, man trete dafür ein, an Kernkraftwerken festzuhalten. Die drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland sollen laut einem Beschluss der Bundesregierung noch bis zum 15. April weiterlaufen. Man müsse auch darüber diskutieren, neue Kernkraftwerke im Südwesten und in Deutschland zu bauen, forderte Frohnmaier. »Die Technik hat sich stark weiterentwickelt.«
Der Parteitag nahm mehrere Resolutionen an, unter anderem zum Ukraine-Krieg. »Wir fordern die sofortige Einstellung aller Waffenlieferungen an die Kriegsparteien«, hieß es. Angestrebt werde ein »gerechter Frieden«, der die Sicherheitsinteressen der Ukraine und Russlands berücksichtige. Auf Bundesebene hatte AfD-Co-Fraktionschef Tino Chrupalla mit Blick auf deutsche Waffenlieferungen bereits gefordert, sich aus dem Krieg herauszuhalten.
Seit vergangenem Juli wird der AfD-Landesverband vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet. Der Geheimdienst darf die Rechtspopulisten damit genauer unter die Lupe nehmen und unter strengen Voraussetzungen Mitglieder observieren, Telefone überwachen sowie Informanten anwerben.
Aufruf Aufstehen gegen Rassismus für den 4. März
Mitteilungen der Polizei, 4.3 und 5.3.
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