Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr haben in mehreren Großstädten Baden-Württembergs zu Verkehrschaos geführt. Wer mit Bus und Bahn zur Arbeit oder in die Schule wollte, musste sich am Mittwoch in Stuttgart, Karlsruhe, Baden-Baden, Konstanz und Esslingen Alternativen suchen. Neben dem Nahverkehr betrafen die Ausstände auch Hunderte Kitas, wie die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mitteilte. In den Regionen blieben zudem Bürgerbüros, Bäder und Stationen in Kliniken geschlossen. Auch der Müll wurde vielerorts nicht abgeholt.
An den Streikaktionen nahmen laut Gewerkschaft landesweit rund 16.000 Menschen teil. Allein in Stuttgart gingen demnach gut 7000 Frauen und Männer für mehr Geld im öffentlichen Dienst auf die Straße. Bei den Kommunen im Südwesten waren nach Zahlen des Statistischen Landesamtes zuletzt 236.000 Tarifbeschäftigte angestellt.
Mit den Arbeitsniederlegungen will Verdi im Tarifkonflikt mit Bund und Kommunen den Druck weiter erhöhen. Gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb fordert die Gewerkschaft für die bundesweit rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Der angestrebte Abschluss soll eine Laufzeit von zwölf Monaten haben.
Die Arbeitgeber hatte die Forderungen als »nicht leistbar« abgelehnt. Entsprechende Äußerungen kamen am Mittwoch auch aus dem Südwesten. Der Kommunale Arbeitgeberverband Baden-Württemberg (KAV) kritisierte die Warnstreiks als völlig überzogen. Sie seien unverhältnismäßig und träfen unbeteiligte Dritte. Bei den Gesprächen Ende Februar habe man schon ein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt. Dieses umfasste demnach eine Entgelterhöhung um fünf Prozent in zwei Schritten und eine steuerfreie Einmalzahlung von 2500 Euro in zwei Schritten.
Dieses Angebot lehnten die Gewerkschaften ab. »Das Angebot der Arbeitgeber ist nicht nur viel zu niedrig, es ist sozial krass ungerecht«, sagte die stellvertretende Verdi-Landesbezirksleiterin Hanna Binder. Die dritte Verhandlungsrunde beginnt am Montag in Potsdam. KAV-Hauptgeschäftsführerin Sylvana Donath erwartet ein »hartes Ringen«. Gerade beim sogenannten Mindesterhöhungsbetrag liege man weit auseinander. Beide Parteien seien sich aber ihrer Verantwortung bewusst. Man wolle die Bürger nicht dauerhaft mit Streiks belasten.
Bereits seit Wochen bekommen viele Menschen im Südwesten die Folgen des Tarifkonflikts zu spüren. In dieser Woche wurde bereits am Montag und Dienstag gestreikt. Rund 3500 Streikende gingen laut Verdi unter anderem in Aalen, Heidenheim und Tübingen auf die Straße. Eine Pause gibt es nicht: Am Donnerstag und Freitag sollen weitere Warnstreiks folgen - unter anderem in Freiburg, Heilbronn, Ulm und Mannheim.
© dpa-infocom, dpa:230321-99-37609/6