Bei den schweren Kämpfen im Grenzstreit zwischen den beiden Ex-Sowjetrepubliken Kirgistan und Tadschikistan in Zentralasien ist die Zahl der Toten weiter gestiegen. Es seien bisher 46 Leichen und rund 140 Verletzte registriert worden, teilte das Gesundheitsministerium in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek am Sonntag mit. Zuvor war die Rede von 36 Toten und 130 Verletzten.
Die Regierung im autoritär geführten Tadschikistan nannte nun erstmals auch Todeszahlen: Seit Mittwoch wurden demnach mehr als 35 Bürger getötet, darunter Frauen und Kinder. Die Lage an der umkämpften Grenze ist nach Darstellung beider Seiten weiter extrem gespannt.
Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor mehr als 30 Jahren streiten die beiden Länder über den Verlauf der rund 1000 Kilometer langen Grenze an zahlreichen Stellen. Dabei flammen immer wieder Gefechte auf. Auf kirgisischer Seite mussten nach Angaben des Zivilschutzes in Bischkek rund 137.000 Menschen in Sicherheit gebracht werden. In mehreren Orten liefen demnach Sammlungen von Hilfsgütern, um die humanitäre Lage in den Griff zu bekommen. Ein Schwerpunkt der Kämpfe lag um die kirgisische Grenzstadt Batken.
Die Hochgebirgsländer an der Grenze zu China geben sich gegenseitig die Schuld an der Eskalation. Es wurden immer wieder Feuerpausen vereinbart, die wenig später gebrochen wurden. In der Region sollen schwere Artillerie, Kampfhubschrauber und Drohnen im Einsatz sein. Es starben Uniformierte und Zivilisten. Ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe berichtete, dass diesmal auch lange Zeit ruhige Grenzregionen umkämpft seien.
Der kirgisische Außenminister Dscheenbek Kulubajew teilte nach einem Gespräch mit UN-Generalsekretär António Guterres am Samstag mit, dass sich Bischkek lediglich verteidige. Es gebe schwere Schäden an der Infrastruktur, darunter an Schulen. Guterres wolle sich am Rande der UN-Generalversammlung auch mit dem kirgisischen Präsidenten Sadyr Schaparow am Dienstag in New York über die Lage austauschen - und mit der tadschikischen Seite, hieß es.
Russlands Präsident Wladimir Putin forderte seine Amtskollegen bei einem Telefonat am Sonntag nach Kremlangaben auf, den Konflikt friedlich beizulegen. Zugleich bot er demnach Unterstützung an.
Auch in anderen Regionen des postsowjetischen Raums eskalierten zuletzt seit Jahren schwelende Konflikte. So griff etwa vor einigen Tagen im Südkaukasus Aserbaidschan sein Nachbarland Armenien an. Beobachter befürchten, dass solche Spannungen zunehmen, weil Russland, das eigentlich in der gesamten Region militärisch sehr präsent ist, derzeit Krieg gegen die Ukraine führt.
© dpa-infocom, dpa:220918-99-806994/3