Über eine mögliche Kanzlerkandidatur will die AfD nach den Worten von Parteichefin spätestens in einem Jahr entscheiden.
Der übernächste Bundesparteitag der AfD werde voraussichtlich im März oder April 2025 stattfinden »und allerspätestens dort wird das dann entschieden«, sagte Weidel in einem Videointerview der Deutschen Presse-Agentur. Bei dieser Entscheidung seien viele Fragen zu berücksichtigen: der Wunsch der Parteibasis, die Umfragewerte sowie die Frage, »welche realen Machtoptionen haben wir«.
Weidel rechnet nicht mit Wechsel an der Parteispitze
Vor dem nächsten Bundesparteitag, bei dem Ende Juni in Essen ein neuer Bundesvorstand gewählt werden soll, will Weidel nach eigenen Angaben mit dem Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla besprechen, wie es für sie beide weitergeht, und den Delegierten dann einen entsprechenden Vorschlag machen. »Ich finde, die Doppelspitze, die läuft sehr, sehr gut, sowohl an der Parteispitze als auch an der Fraktionsspitze«, sagte Weidel. Auf die Frage, ob ein Wechsel an der Spitze denkbar wäre, antwortete sie: »Das glaube ich nicht.« Und fügte hinzu: »Wir wollen gerne mit der Doppelspitze weitermachen.«
Zur Personalfrage im Fall einer Kanzlerkandidatur sagte Weidel, die seit Juni 2022 neben Chrupalla Co-Vorsitzende ist: »Sollten wir uns für eine Kanzlerkandidatur entscheiden, werden die relevanten Kandidaten dafür sich vorher besprechen müssen, wer es macht, und das wird dann eben dem Bundesparteitag vorgeschlagen.« Einen Streit mit Chrupalla dazu erwarte sie nicht. Chrupalla und sie träfen »fast alle Entscheidungen im Konsens«, sagte Weidel. »Es kommt natürlich auch auf die Mehrheitsverhältnisse innerhalb der Partei an.«
Vor der Bundestagswahl 2021 hatten die AfD-Mitglieder Weidel und Chrupalla zum »Spitzenduo« gewählt, ohne einen von beiden als Kanzlerkandidaten oder Kanzlerkandidatin zu benennen. In bundesweiten Wählerumfragen lagen die Rechtspopulisten zuletzt bei ungefähr 19 Prozent und damit auf dem zweiten Platz hinter der Union, die auf knapp 30 Prozent kam. Die nächste Bundestagswahl steht regulär im Herbst 2025 an.
Sympathie für Maaßen und Wagenknecht
Auf die Frage, ob die AfD mit der Werteunion von Hans-Georg Maaßen oder dem neuen Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) politisch mehr gemeinsam habe, sagte Weidel, »die größere Schnittmenge, rein programmatisch« habe ihre Partei mit der Werteunion. Man müsse aber abwarten, wie sich die neue Partei entwickele. Sowohl Wagenknecht als auch Maaßen seien ihr sympathisch. Ob sie die BSW-Vorsitzende oder den Ex-Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz persönlich getroffen hat, ließ Weidel offen. Sie sagte: »Ich spreche mit ganz vielen Leuten.« Und: »Ich möchte mich dazu nicht äußern.«
»Ich habe Frau Weidel beim letzten Weltwochefest in Zürich getroffen«, berichtete Maaßen auf Nachfrage. Seit Februar ist bekannt, dass das Bundesamt seinen ehemaligen Präsidenten im Blick hat und zu Maaßen Daten im Informationssystem der Behörde im Bereich Rechtsextremismus speichert.
Wagenknecht teilte auf Anfrage mit, sie sei Weidel schon einmal in einer Talkshow begegnet. »Ich würde selbstverständlich auch wieder mit ihr in einem solchen Format diskutieren, wenn wir eingeladen werden«, sagte die frühere Linken-Politikerin.
Weidel will an Verfahren gegen Verfassungsschutz teilnehmen
Vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster hat am 12. März die mündliche Verhandlung in einem Berufungsverfahren begonnen, in dem die AfD gegen ihre vom Kölner Verwaltungsgericht bestätigte Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz klagt. An den ersten beiden Verhandlungstagen war weder Weidel vor Ort noch Chrupalla. Wann die Verhandlung fortgesetzt werden soll, ist noch nicht bekannt. »Wir werden in Zukunft ab und zu dabei sein - es sind ja viele Prozesstage angesetzt, und dann werde ich auf jeden Fall auch mal in Münster sein«, kündigte die Parteichefin im dpa-Interview an.
Bundesvorstandsmitglied Roman Reusch hatte in Münster radikale Äußerungen einiger AfD-Funktionäre, die der Prozessbevollmächtigte des Nachrichtendienstes als Belege anführte, mit dem Argument abgetan, manche Mitglieder verfügten womöglich nicht über die Bildung, die notwendig sei, um die Tragweite solcher Begriffe richtig einzuschätzen. Das kam wohl nicht bei allen in der AfD gut an.
Weidel stellte sich hinter Reusch. Sie sei Reusch, der ehemaliger Oberstaatsanwalt ist, dankbar, dass er ehrenamtlich diesen Prozess führe, betonte die AfD-Chefin. »Er hat sich auch etwas dabei gedacht, also irgendwann lassen sich dann auch vielleicht bestimmte Aussagen gar nicht mehr anders verteidigen.«
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