WASHINGTON. Im Streit über die von ihm angestrebte Mauer an der Grenze zu Mexiko wird US-Präsident Donald Trump nach Angaben des Weißen Hauses einen Nationalen Notstand erklären.
Trumps Sprecherin Sarah Sanders teilte mit, der Präsident werde zugleich ein Haushaltsgesetz unterzeichnen, das der Kongress am Donnerstagabend beschloss. Das Gesetz sieht deutlich weniger Mittel für den Bau der Mauer vor, als von Trump gefordert. Zwar wird damit ein erneuter »Shutdown« der US-Regierung abgewendet - der Streit über die Mauer dürfte mit der Notstandserklärung aber weiter eskalieren.
Medienberichten zufolge will der Präsident das Gesetz noch am Freitag unterschreiben. Offiziell wurde für 10.00 Uhr Ortszeit (16.00 Uhr MEZ) ein Statement Trumps angekündigt. Im Prinzip hätte er bis Mitternacht Zeit, bevor es zu einem erneuten »Shutdown« käme, also zu einem Stillstand von Teilen der US-Regierung.
Einen landesweiten Ausnahmezustand, bei dem Grundrechte außer Kraft gesetzt werden, bedeutet ein solcher Notstand in den USA nicht. Der Schritt würde dem Republikaner aber weitreichende Befugnisse geben. Er könnte auf diese Weise versuchen, die Mauer ohne Zustimmung des Kongresses errichten zu lassen. Wie die Sender ABC und CNN berichteten, will Trump rund acht Milliarden Dollar (etwa 7,1 Milliarden Euro) dafür ausgeben.
Trump könnte sich bei einem Notstand auf eine Gesetzespassage berufen, die es dem Verteidigungsminister ermöglicht, den Bau »militärischer Bauprojekte« anzuweisen. Eine andere Passage erlaubt es dem Pentagonchef, zivile Projekte der Armee zu stoppen und stattdessen Soldaten an anderen Bauvorhaben zu beteiligen, »die essenziell sind für die nationale Verteidigung«. Umstritten ist allerdings, ob das rechtlich zulässig ist.
Trump spricht seit Monaten von einer »Krise« an der Grenze. Mit der Mauer will er Migranten auf ihrem Weg in die USA stoppen. Die Demokraten - die den Bau einer Mauer strikt ablehnen - teilten mit, sie behielten sich eine Klage gegen eine Notstandserklärung des Präsidenten vor.
Während Trump ein Krisenszenario beschwört, stellen Experten die Lage an der Grenze anders dar. Das »Migration Policy Institute« etwa weist darauf hin, dass die Zahl der Festnahmen an der Grenze in der langfristigen Tendenz rückläufig ist. Die Zahlen dienen als Gradmesser für illegale Grenzübertritte. Im Haushaltsjahr 2000 gab es insgesamt rund 1,6 Millionen Festnahmen an der Südwestgrenze, 2010 waren es rund 448 000. Im Haushaltsjahr 2018 verzeichneten die Behörden rund 397 000 - laut Zahlen der US-Grenzschutzbehörde CBP. Gestiegen ist jedoch die Zahl derer, die an der Südwestgrenze um Asyl bitten, darunter viele Familien aus Mittelamerika. Im Haushaltsjahr 2017 waren es rund 56 000, ein Jahr später rund 93 000.
Die Vorsitzende im Abgeordnetenhaus, die Demokratin Nancy Pelosi, und der demokratische Fraktionschef im Senat, Chuck Schumer, nannten eine Notstandserklärung gesetzeswidrig und einen »schwerwiegenden Machtmissbrauch« des Präsidenten. Pelosi sagte: »Es ist kein Notstand, was an der Grenze passiert.« Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sagte dagegen, er unterstütze die Notstandserklärung. Allerdings sprachen sich auch mehrere republikanische Senatoren gegen die Maßnahme aus.
Sanders sagte, man sei auf rechtliche Schritte vorbereitet, zu denen es aber gar nicht erst kommen solle. »Der Präsident macht seinen Job, der Kongress sollte seinen machen.« Mit der Notstandserklärung wolle Trump sicherstellen, »dass wir die nationale Sicherheitskrise und humanitäre Krise an der Grenze stoppen«. Der Präsident halte damit sein Versprechen, die Mauer zu bauen und die Grenze zu schützen.
Der Senat und das Abgeordnetenhaus stimmten dem Haushaltsgesetz mit großer Mehrheit zu. Das Gesetz sieht 1,375 Milliarden Dollar für den Bau eines Grenzwalls vor - deutlich weniger als die von Trump ursprünglich geforderten 5,7 Milliarden Dollar.
Der Kongress hätte theoretisch die Möglichkeit, eine Notstandserklärung mit einer Resolution (Joint Resolution) anzufechten. Diese müsste von beiden Kammern verabschiedet und vom Präsidenten unterzeichnet werden. Würde Trump - wie zu erwarten wäre - sein Veto dagegen einlegen, könnte der Kongress dieses noch überstimmen. Dazu bräuchte es aber sowohl im Repräsentantenhaus, in dem die Demokraten die Mehrheit haben, als auch im von den Republikanern dominierten Senat eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
Es gibt eine ganze Reihe von Notstandserklärungen, die immer wieder verlängert wurden. Viele davon richten sich gegen andere Länder. So fror eine Erklärung aus dem Jahr 1979 sämtliche Vermögen der iranischen Regierung in den USA ein. Sie gilt bis heute.
Mit dem neuen Haushaltsgesetz ist die US-Regierung bis zum Ablauf des Haushaltsjahres Ende September vollständig finanziert. Erst vor drei Wochen war der längste »Shutdown« in der Geschichte der USA zu Ende gegangen: 35 Tage lang hatten Teile der Regierung stillgestanden, rund 800 000 Regierungsangestellte erhielten kein Gehalt. Sie waren im Zwangsurlaub oder mussten unbezahlt arbeiten.
Trump hatte sich vor dem »Shutdown« damit gebrüstet, notfalls Teile der Regierung im Streit über die Mauer stillstehen zu lassen, um die Demokraten zum Einlenken zu zwingen. »Ich bin stolz darauf, die Regierung für Grenzsicherung zu schließen«, sagte er. In Umfragen machte ihn eine Mehrheit für den Regierungsstillstand verantwortlich. Nach Beginn des »Shutdowns« sanken Trumps ohnehin schlechte Zustimmungswerte noch weiter. Inzwischen sind sie wieder angestiegen. (dpa)