Einen Tag vor der Wiederholungswahl in Berlin haben die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten im Nieselregen ihren Wahlkampf beendet. Thema an den Ständen der Parteien war unter anderem die Frage, wie die angespannte Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt verbessert werden kann. Die Abgeordnetenhauswahl vom September 2021 muss wegen vieler Pannen und Probleme wiederholt werden und könnte die politischen Verhältnisse in der Hauptstadt verändern.
Die Regierende Bürgermeisterin und SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey diskutierte unter anderem mit einer Aktivistin über den Volksentscheid zur Enteignung von Wohnungskonzernen. Der Linken-Kandidat Klaus Lederer schrieb auf Twitter: »Den nötigen Druck für #Vergesellschaftung machen nur wir.« Auch im Netz lief der Wahlkampf weiter. »Die Stunden bis zur Wahl sind gezählt«, schrieben die Berliner Grünen. »Auch jetzt ist noch alles drin.«
Seit 2016 regieren SPD, Grüne und Linke zusammen, im Dezember 2021 erneuerten sie die Koalition. Seither regiert die frühere Bundesfamilienministerin Giffey im Roten Rathaus, sie muss nun aber um ihr Amt fürchten.
Wahlkampf-Pause für Gedenken an Erdbebenopfer
In letzten drei Umfragen vom vergangenen Donnerstag lag die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Kai Wegner vorn. Die SPD kam auf Platz zwei und rangierte damit vor den Grünen. Wer auch immer künftig in Berlin koaliert, kann es maximal bis 2026 tun. Da es sich um eine Wiederholungs- und keine Neuwahl handelt, ändert sich nichts an der Legislaturperiode. Sie begann 2021 und dauert fünf Jahre.
Etwa 2,43 Millionen Menschen dürfen bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus ihre Stimme abgeben. Damit gibt es bei der Wiederholungswahl etwa 15.800 weniger Wahlberechtigte als bei der Hauptwahl im September 2021, wie der Landeswahlleiter am Samstag mitteilte. Für rund 31 Prozent der Wahlberechtigten sei bereits ein Wahlschein ausgestellt worden - also etwa für eine Briefwahl oder eine vorzeitige Wahl vor Ort.
Am Samstagmittag trafen die Kandidatinnen und Kandidaten von SPD, Grüne, CDU und FDP bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer der Erdbeben in der Türkei und Syrien am Brandenburger Tor noch einmal aufeinander. Von Wahlkampf wollte dort niemand sprechen. »Vielleicht ist wirklich auch spätestens jetzt mal der Zeitpunkt, wo das Kleinklein der Auseinandersetzung und die vielen auch schlimmen Worte, die wir teilweise hören im Netz und anderswo, einfach mal beiseite gelegt werden und wir darauf uns besinnen, was wirklich wichtig ist: Die gemeinsame Solidarität der Kampf für Frieden, für Menschenrechte, für die Demokratie«, sagte die Regierende Bürgermeisterin und SPD-Kandidatin Franziska Giffey.
Die Grünen-Kandidatin Bettina Jarasch sprach den Betroffenen ihr Mitgefühl aus und versprach Unterstützung. »Wir werden weiter helfen, es gibt die Luftbrücke und wir werden auch nach dem Wahltag helfen, so lange die Hilfe gebraucht wird.« Am Freitag hatte der Senat bekannt gegeben, dass Berlin Opfern des Erdbebens, die Verwandte in der Hauptstadt haben, die Einreise nach Deutschland erleichtern will.
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