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Waffenrechtsreform wird zum Zankapfel

Bei der von Nancy Faeser geplanten Waffenrechtsnovelle will die FDP nicht mitziehen. Die Verbände der Jäger und Schützen hoffen, dass die Pläne der Innenministerin damit erstmal vom Tisch sind.

Pistole
Eine Schreckschusspistole vom Typ Walther P88 Compact Kaliber 9mm PAK. Foto: Uli Deck
Eine Schreckschusspistole vom Typ Walther P88 Compact Kaliber 9mm PAK.
Foto: Uli Deck

Mit weitreichenden Plänen für mehr Kontrollen und Vorschriften hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Verbände der Jäger und Schützen gegen sich aufgebracht. Unterstützung erhalten sie von der FDP. Die sagt, die von Faeser geplanten Änderungen im Waffenrecht stünden nicht im Koalitionsvertrag.

Jäger, Schützen und Waffenhändler haben Faeser vor einigen Tagen in einer gemeinsamen Erklärung »Aktionismus« vorgeworfen. Sie behaupten, ihre Pläne für ein Verbot bestimmter halbautomatischer Waffen und die Einführung zusätzlicher Erlaubnispflichten würden am Ende gar nicht zu mehr Sicherheit führen. Das sieht die FDP ähnlich. Die Liberalen verlangen, dass zuerst einmal gründlich geprüft wird, welche Folgen die zurückliegende Waffenrechtsreform von 2020 in der Praxis hat. Mit der Begründung, dass diese Prüfung schließlich noch ausstehe, hat die FDP die Einleitung der formalen Ressortabstimmung, bei der die anderen Ministerien ihre Meinung zu den Vorschlägen des Innenministeriums kundtun können, jetzt erst einmal gestoppt.

Faeser, die ihren Entwurf als Beitrag zur Entwaffnung von Extremisten sieht, gibt aber noch nicht auf. Auch die Grünen stehen voll hinter dem Vorhaben, das aus ihrer Sicht sogar noch etwas ambitionierter ausfallen dürfte. »Auch wenn die FDP jetzt Widerspruch gegen die Versendung des Entwurfs eingelegt hat, ist das Vorhaben damit aus meiner Sicht noch nicht beerdigt«, sagt Marcel Emmerich, Obmann der Grünen-Fraktion im Innenausschuss des Bundestages. Er sehe noch an verschiedenen Stellen im Waffenrecht gesetzlichen Handlungsbedarf.

Worum es konkret geht

Doch was steht eigentlich genau drin in dem Plan, der bei vielen Besitzern legal erworbener Waffen auf so erbitterten Widerstand stößt? Wer in Deutschland genehmigungspflichtige Waffen besitzen will, muss heute schon nachweisen, dass er sachkundig und zuverlässig ist. Außerdem muss er oder sie glaubwürdig darlegen, weshalb die Waffe angeschafft werden soll, also zum Beispiel für die Jagd oder weil jemand als Schütze in einem Verein regelmäßig schießt. Mit dieser sogenannten Bedürfnisprüfung unterscheidet sich Deutschland beispielsweise von den USA.

Ist der Antragsteller noch keine 25 Jahre alt oder gibt es Zweifel an seiner Eignung, muss zudem ein ärztliches Attest oder ein psychologisches Zeugnis vorgelegt werden. Diese Vorschrift soll künftig auf alle, die erstmalig eine Erlaubnis beantragen, ausgeweitet werden.

Ein solches Gutachten soll die Waffenbehörde auch verlangen können, wenn es zu jemandem, der bereits Besitzer legaler Waffen ist, Erkenntnisse gibt, die Zweifel an seiner Eignung aufkommen lassen. Hinter dieser Überlegung steckt auch der Fall des Attentäters, der im Februar 2020 in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordete sowie anschließend seine Mutter und sich selbst erschoss. Der Mann hatte mehrfach Behörden kontaktiert und dabei wirre Theorien vorgetragen, seine Waffenerlaubnis verlor er dennoch nicht.

Geht es nach der Bundesinnenministerin, soll auch die Zahl der Behörden, bei denen die Waffenbehörde Erkundigungen über einen Antragsteller einholt, erweitert werden. Zusätzlich zur örtlichen Polizeidienststelle und dem Verfassungsschutz soll auch beim Gesundheitsamt, bei der Bundespolizei und beim Zollkriminalamt nachgefragt werden, ob etwas dagegen spricht, dass eine bestimmte Person Waffen besitzt. Zudem soll das Schießen für Menschen ohne waffenrechtliche Erlaubnis auf Schießständen nur noch mit bestimmten Waffen gestattet sein. Privatleute sollen keine halbautomatschen Waffen, die optisch Kriegswaffen ähneln, mehr besitzen dürfen. Schon jetzt allerdings müssen solche halbautomatischen Gewehre, die so aussehen, dem Bundeskriminalamt zu Prüfung vorgelegt werden. In einem sogenannten Feststellungsbescheid wird dann bescheinigt - oder auch nicht - dass es sich dabei nicht um eine Kriegswaffe handelt.

Für den Erwerb und den Besitz von Schreckschuss-, Reizgas- oder Signalwaffen soll nach den Plänen aus dem Bundesinnenministerium künftig der sogenannte Kleine Waffenschein inklusive Sachkundenachweis verlangt werden. Auch für Armbrüste soll ein Kleiner Waffenschein Vorschrift werden.

»Reichsbürger müssen konsequent entwaffnet werden«

Insgesamt erweitern sich die Kontrollpflichten der zuständigen Waffenbehörden, weshalb im Entwurf des Innenministeriums auch ein nicht unerheblicher zusätzlicher finanzieller und zeitlicher Mehraufwand für die Verwaltung vorausgesagt wird. Hierauf bezieht sich auch ein Teil der Bedenken, die von der FDP vorgebracht werden. Fraktionsvize Konstantin Kuhle sagt: »Verfassungsfeinde und sogenannte Reichsbürger müssen zügig und konsequent entwaffnet werden.« Bei diesem Ziel sei sich die Koalition einig. »Die Pläne aus dem Bundesinnenministerium tragen jedoch in keiner Weise dazu bei, dass dieses Ziel auch erreicht wird«, glaubt er.

Extremisten könnten schon auf der Grundlage des geltenden Rechts Waffen entzogen werden. »Doch den Waffenbehörden vor Ort fehlten oftmals die Zeit und die personelle Ausstattung, um das geltende Recht anzuwenden«, gibt Kuhle zu bedenken. Tatsächlich gibt es Orte, wo viele Jahre vergehen können, ohne dass auch nur jemand vorbeikommt, um zu schauen, ob ein Waffenbesitzer diese ordnungsgemäß in einem Waffenschrank aufbewahrt oder in der Nachttischschublade.

Würde man die Aufgaben der Waffenbehörden noch weiter ausweiten, gehe womöglich der Fokus auf die problematischen Fälle verloren, befürchtet Kuhle. »Am Ende sehen die Waffenbehörden den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr«, sagt der FDP-Politiker, der selbst Sportschütze ist. Er sagt: »Darin liegt auch die Gefahr einer uferlosen Ausweitung des sogenannten Kleinen Waffenscheins.«

Auch Grünen-Obmann Emmerich sieht hier Risiken. Er sagt: »Natürlich gibt es auch Probleme im Vollzug.« Diese könnten aber im Gespräch mit Ländern und Kommunen gelöst werden. Möglicherweise werde hier auch eine finanzielle Unterstützung durch den Bund notwendig sein.

Die Idee der Bundesinnenministerin, halbautomatische Waffen, die Kriegswaffen ähneln, aus dem Verkehr zu ziehen beziehungsweise von den Besitzern eine entsprechende Änderung der Waffe zu verlangen, wird von der Linksfraktion ausdrücklich unterstützt. Die Obfrau der Fraktion im Innenausschuss, Martina Renner, plädiert zudem für ein Verbot von Schreckschusswaffen. Sie sagt: »Der Besitz dieser Waffen und der Handel mit ihnen sollte grundsätzlich nicht mehr erlaubt sein, denn sie dienen ja nur einem Zweck, anderen Leuten Angst zu machen. Da frage ich mich, was ein sachkundiger Umgang in diesem Fall sein sollte.«

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