Die geheimen Dokumente, die der ehemalige US-Präsident Donald Trump nach dem Ende seiner Amtszeit mitgenommen hat, sollen von den US-Geheimdiensten ausgewertet werden. Das berichteten das Magazin »Politico« und andere US-Medien am Wochenende unter Berufung auf ein Schreiben der US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines an hochrangige Mitarbeiter. Damit solle geklärt werden, ob aus der Aufbewahrung in Trumps Villa Mar-a-Lago in Florida Risiken für die nationale Sicherheit entstanden.
Aus dem in Teilen veröffentlichten Dokument geht hervor, dass in 14 von 15 Kisten mit Dokumenten, die Trump im Januar aus Mar-a-Lago ans Nationalarchiv übermittelt hatte, vertrauliche und teils sogar streng geheime Unterlagen gefunden wurden. 184 Dokumente seien eingestuft gewesen - 67 als »vertraulich«, 92 als »geheim« und 25 als »streng geheim«. Auf einigen habe es handschriftliche Notizen gegeben - wohl von Trump selbst.
Nachforschungen hätten ergeben, dass eingestufte Dokumente, die offenbar auch Informationen mit Bezug zur nationalen Verteidigung enthielten, an einem nicht autorisierten Ort in Trumps Anwesen aufbewahrt worden seien. Das FBI argumentierte, es habe Grund zur Annahme bestanden, dass sich auf dem Anwesen weitere eingestufte Dokumente befanden. Deshalb sei die Villa Trumps durchsucht worden.
Hatten Unbeftugte Zugang zu den Dokumenten?
»Das Justizministerium und das Büro der US-Geheimdienstkoordinatorin arbeiten zusammen, um eine Klassifizierungsprüfung der relevanten Materialien zu erleichtern, einschließlich der bei der Durchsuchung sichergestellten«, schrieb Geheimdienstkoordinatorin Haines laut »Politico«. Die Geheimdienste könnten sich etwa mit der Frage befassen, inwiefern Unbefugte Zugang zu den Dokumenten in der Villa hatten. Haines gehört als Geheimdienstkoordinatorin der Regierung von Trumps Nachfolger Joe Biden an.
Unterdessen forderte Trump nach Bekanntwerden der neuen Details erneut eine unabhängige Aufsicht über die Ermittlungen. Die US-Regierung solle sich nicht weiter mit der Prüfung der Dokumente befassen, bis ein unabhängiger Prüfer eingesetzt worden sei, hieß es in einem von seinen Anwälten am späten Freitagabend (Ortszeit) eingereichten Antrag. Bereits am vergangenen Montag hatte er bei einem Gericht im US-Bundesstaat Florida eine Klage eingereicht, um sich gegen das Vorgehen der Behörden zu wehren.
Richterin will Sonderbeauftragten einsetzen
Eine Richterin im US-Bundesstaat Florida kündigte am Samstag (Ortszeit) an, einen Sonderbeauftragten einsetzen zu wollen. »Das Gericht gibt hiermit seine vorläufige Absicht bekannt, in dieser Rechtssache einen Sonderbeauftragten zu ernennen«, teilte Richterin Aileen Cannon mit. Zudem wies sie das US-Justizministerium an, dem Gericht mitzuteilen, welche weiteren Gegenstände bei den FBI-Durchsuchungen Anfang August konfisziert worden seien. Cannon wurde von Trump während seiner Präsidentschaft im Jahr 2020 zur Richterin ernannt.
Trump, der Ambitionen für eine Kandidatur bei den Präsidentenwahlen 2024 hat, hält das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden für politisch motiviert. Am Samstag bezeichnete er die Durchsuchungen erneut als einen »beispiellosen, unnötigen und unangekündigten Einbruch« in sein Haus Mar-a-Lago. »Dieser Angriff erfolgte zu politischen Zwecken kurz vor den Zwischenwahlen (und 2024, natürlich!)«, schrieb der 76-Jährige auf der von ihm mitgegründeten Online-Plattform Truth Social. Der Republikaner war von 2017 bis 2021 Präsident, er könnte für eine zweite Amtszeit kandidieren.
Dass Ermittler das Haus eines früheren Präsidenten durchsuchen, gilt als bislang einmaliger Vorgang in der US-Geschichte. Auch die Veröffentlichung wesentlicher Verfahrensdokumente, wenn auch wie in weiten Teilen geschwärzt, ist ungewöhnlich. Angesichts des großen Drucks in dem politisch brisanten Fall forcierte US-Justizminister Merrick Garland die Veröffentlichung des Durchsuchungsbefehls und des Belegs über die beschlagnahmten Gegenstände.
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