JERUSALEM. Die USA haben ihre Botschaft in Jerusalem offiziell eröffnet. Zugleich kommt es an der Grenze zwischen Gazastreifen und Israel zu blutigen Auseinandersetzungen.
»Vor 70 Jahren hat David Ben Gurion die Unabhängigkeit (des Staates Israel) erklärt«, sagte US-Botschafter David Friedman am Montag in Jerusalem. »70 Jahre später gehen die Vereinigten Staaten endlich den nächsten Schritt.« Dieser historische Moment sei »dem Mut einer Person« zu verdanken: US-Präsident Donald Trump. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach auf Facebook ebenfalls von »einem historischen Moment«.
Schon Stunden vor der Eröffnung der US-Botschaft kam es zu heftigen Protesten der Palästinenser mit vielen Toten. Mindestens 37 Palästinenser wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums im Gazastreifen bei Konfrontationen mit israelischen Soldaten an der Grenze zu Israel erschossen. Rund 1700 Menschen seien verletzt worden, darunter Hunderte durch Schüsse. Es ist der Tag mit den meisten Todesopfern seit dem Gaza-Krieg 2014.
Der palästinensische Gesundheitsminister Dschawad Awad in Ramallah warf Israel ein »Massaker an unbewaffneten Demonstranten« vor. Russland zeigte sich besorgt angesichts der Verlegung der US-Botschaft. Die Türkei sprach von einem Massaker. Die Bundesregierung mahnte zur Mäßigung. Al-Kaida rief zum Heiligen Krieg auf.
Bis zu eine Million Menschen waren im Gazastreifen an der Grenze zu Israel zu Protesten erwartet worden. Nach Angaben der Armee beteiligten sich zunächst mehr als 35.000 Menschen an zwölf verschiedenen Orten an den Protesten am Grenzzaun. Palästinenser hätten Brandbomben und explosive Gegenstände auf Soldaten geworfen, hieß es in einer Stellungnahme. Sie würden Reifen verbrennen und versuchen mit brennenden Gegenständen Feuer in Israel zu entzünden.
Die israelische Luftwaffe habe zudem Hamasposten im nördlichen Gazastreifen angegriffen. Damit habe die Armee auf Beschuss von dort auf Soldaten reagiert.
Israel wirft der im Gazastreifen herrschenden Hamas vor, sie missbrauche die Proteste zu Anschlagsversuchen an der Grenze. Die Armee betont, sie schieße nur im Notfall und auch dann nur auf die Beine.
Die USA haben ihre Botschaft in Jerusalem offiziell eröffnet. »Vor 70 Jahren hat David Ben Gurion die Unabhängigkeit (des Staates Israel) erklärt«, sagte US-Botschafter David Friedman in Jerusalem. »70 Jahre später gehen die Vereinigten Staaten endlich den nächsten Schritt.« Dieser historische Moment sei »dem Mut einer Person« zu verdanken: US-Präsident Donald Trump. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach auf Facebook ebenfalls von »einem historischen Moment«.
Zu der Eröffnung waren rund 800 Gäste erwartet worden. Auch US-Finanzminister Steven Mnuchin, Präsidententochter Ivanka Trump sowie ihr Mann und Trump-Berater Jared Kushner waren eingeladen. Israel hat den Ostteil Jerusalems im Sechstagekrieg 1967 erobert. Den Anspruch der Palästinenser auf Ost-Jerusalem als Hauptstadt für einen eigenen Staat Palästina lehnt Israel ab. Doch die internationale Gemeinschaft pocht darauf, dass der künftige Grenzverlauf in Verhandlungen beider Seiten geklärt wird. Dies hat auch Trump gesagt.
US-Präsident Donald Trump betonte zudem das Recht Israels auf die Bestimmung seiner Hauptstadt betont. »Israel ist eine souveräne Nation mit dem Recht, seine Hauptstadt selbst zu bestimmen«, sagte er in einer Videobotschaft, die bei den Feierlichkeiten ausgestrahlt wurde. »Wir haben in der Vergangenheit das Offensichtliche nicht anerkannt.«
Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu sprach vor der Botschaftseröffnung von einem »bewegenden Tag für das Volk Israel und den Staat Israel«. Netanjahu zitierte bei Twitter aus der Bibel: »Als der Herr die Gefangenen Zions zurückbrachte, da waren wir wie Träumende.« Israel feiert den Schritt am 70. Jahrestag seiner Staatsgründung als politischen Triumph.
Auch in Ramallah im Westjordanland nahmen Tausende Palästinenser an einem Protestmarsch teil. Sie trugen palästinensische und schwarze Flaggen sowie Schlüssel. Damit wiesen sie auf ihre Forderung nach einer Rückkehr in die Gebiete hin, aus denen 1948 im Zuge der israelischen Staatsgründung Hunderttausende Palästinenser flohen oder vertrieben wurden. Demonstranten verbrannten auch eine US-Flagge.
Anschließend zogen Hunderte weiter zu Kontrollpunkten der israelischen Armee. Dort kam es nach palästinensischen Angaben zu Konfrontationen mit Sicherheitskräften, unter anderem in Kalandia und Bethlehem.
Die Bundesregierung rief angesichts der Auseinandersetzungen zur Mäßigung auf. Die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem dürfe kein Anlass für Gewalt sein, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. Die Bundesregierung sei weiterhin der Überzeugung, dass es im Konflikt um den Status von Jerusalem nur eine einvernehmliche Verhandlungslösung geben könne.
An einem Empfang Netanjahus am Sonntagabend anlässlich der Verlegung der US-Botschaft habe kein deutscher Vertreter teilgenommen, sagte die Sprecherin. Die Bundesregierung werde auch weiter nichts tun, was Zweifel an ihrer völkerrechtlichen Haltung zum Status Jerusalems aufkommen lassen könnte.
Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Nils Schmid, bedauerte die Verlegung der US-Botschaft. »Die USA haben sich in dieser hoch umstrittenen Frage eindeutig auf die Seite Israels gestellt, was ihre Rolle als Vermittler im israelisch-palästinensischen Konflikt eher schwächt«, sagte er der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (Dienstag).
Russland äußerte sich besorgt über die Verlegung der Botschaft. Dies könne die Spannungen im Nahen Osten weiter verstärken, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Agenturen zufolge. »Wir haben diese Befürchtungen«, sagte er in Moskau.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte in London, Amerika sei nun nicht mehr Teil der Lösung des Nahostkonflikts, sondern Teil des Problems. Washington habe seine »Rolle als Vermittler im Friedensprozess des Mittleren Ostens verwirkt und verloren«, fügte Erdogan hinzu.
Mit der Verlegung der Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem trete Washington »das internationale Recht mit Füßen«. Der türkische Regierungssprecher Bekir Bozdag sprach von einem »Massaker an den Palästinensern«, an dem Israel und die USA die Schuld trügen.
Al-Kaida-Chef Aiman al-Sawahiri rief seine Anhänger angesichts der Botschaftsverlegung zum Widerstand auf. Es sei nötig, die Feinde vereint mit einem Heiligen Krieg (Dschihad) zu bekämpfen, sagte der Führer des dschihadistischen Terrornetzwerkes in einem Video, das am Sonntagabend auf Propagandakanälen der Extremisten im Internet aufgetaucht war. Al-Sawahiri kritisierte zudem Trump, der »das wahre Gesicht der Kreuzzüge« enthüllt habe.
An der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen setzten schon gegen Mittag zahlreiche Palästinenser Reifen in Brand; dichter schwarzer Rauch stieg in den Himmel. Nach Berichten von Augenzeugen versuchten mehrere Männer, den Grenzzaun zu Israel zu durchschneiden.
Israels Armee hat die Zahl ihrer Soldaten an der Gaza-Grenze verdoppelt. Seit Ende März sind dort bei gewaltsamen Konfrontationen von Palästinensern und israelischen Soldaten insgesamt 92 Palästinenser getötet und Tausende verletzt worden. Beim »Marsch der Rückkehr« haben Zehntausende ein Recht auf Rückkehr in das heutige israelische Staatsgebiet gefordert. Israel lehnt das ab.
Die radikalislamische Hamas wird von Israel, EU und USA als Terrororganisation eingestuft und hat sich die Zerstörung des Staates Israel auf die Fahne geschrieben. (dpa)
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