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Unmut im Osten: CDU-Politiker machen Front gegen Laschet

In den ostdeutschen Ländern hat die CDU noch stärker verloren als andernorts. Der Frust über den misslungenen Wahlkampf ist groß. Am schärfsten trifft die Kritik aber den Spitzenkandidaten.

Laschet
Armin Laschet nach der Bundestagswahl. Foto: Michael Kappeler/dpa
Armin Laschet nach der Bundestagswahl. Foto: Michael Kappeler/dpa

ERFURT/DRESDEN. Erst kam der Absturz, jetzt naht die Abrechnung. Nach dem Wahldebakel der CDU in Ostdeutschland machen mehrere Kreisverbände offen Front gegen Parteichef Armin Laschet.

Der Rheinländer sei aus Sicht vieler Menschen der falsche Kandidat gewesen, schrieb der CDU-Kreisvorstand Altenburger Land in Thüringen an die Berliner Parteizentrale. Die Option auf eine Beteiligung an der nächsten Bundesregierung müsse zwar bleiben. »Das kann allerdings nicht mit Armin Laschet geschehen.«

Die Union hatte es bei der Bundestagswahl am Sonntag im Osten besonders schlimm erwischt. Bundesweit sackten CDU/CSU im Vergleich zu 2017 um 8,8 Punkte ab auf 24,1 Prozent - in Ostdeutschland waren es 10,3 Punkte minus und am Ende nur 17,1 Prozent. Dort legte die SPD hingegen deutlich zu. Besonders groß scheint der CDU-Schock in Thüringen und Sachsen, wo die AfD auf Platz eins kam. In Sachsen jagten die Rechtspopulisten der Union 13 Direktmandate ab.

»Ich finde, dass dieses Ergebnis ein wirkliches Desaster für die Union in Deutschland ist«, sagte der sichtlich erschütterte sächsische Landeschef Michael Kretschmer schon am Montag und sprach von »Fehlern inhaltlicher Art und auch in der personellen Aufstellung«. Inzwischen nennen in der ostdeutschen CDU immer mehr Politiker offen Namen.

»Wie Blei auf unserem Wahlkampf«

»Die Personalie Laschet lag wie Blei auf unserem Wahlkampf«, sagte der neue Chef der sächsischen CDU-Bundestagsabgeordneten, Carsten Körber, dem MDR. Und der thüringische Fraktionschef Mario Voigt bei »Bild«: »Es wird ernsthafterweise niemand bezweifeln, dass der Spitzenkandidat jetzt im Osten kein Zugpferd gewesen ist.«

CSU-Chef Markus Söder hatte in östlichen CDU-Landesverbänden von Anfang an viele Fans und wird nun wieder als Ersatzmann ins Gespräch gebracht. Der bisherige CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Bernstiel aus Sachsen-Anhalt fordert, Söder solle die Koalitionsverhandlungen für die Union übernehmen. Wenn das passiere, dann würde sich die Chance auf Jamaika drastisch erhöhen, sagte Bernstiel der Deutschen Presse-Agentur. Die Akzeptanz für Söder sei nach wie vor wesentlich höher als die für Laschet.

Der offene Brief des Kreisverbandes Altenburger Land benennt Laschet klar als »Wahlverlierer«. Der ebenfalls in Thüringen angesiedelte Kreisverband Schmalkalden-Meiningen verlangt: »Der Parteivorsitzende und der gesamte Vorstand sollten den Weg frei machen für die notwendige personelle und inhaltliche Erneuerung der Union.«

Das ist einer der Kreisverbände, der den umstrittenen früheren Verfassungsschützer Hans-Georg Maaßen als Direktkandidaten aufgestellt hatte. Maaßen scheiterte zwar, hat aber dennoch Ratschläge für die Parteispitze parat: »Ich halte es für wichtig, dass die maßgeblichen Personen im Bundesvorstand auch die persönlichen Konsequenzen aus dem Debakel ziehen.«

Kritik gibt es auch am Ostbeauftragten Wanderwitz

Neben Laschet bekam zeitweise auch der bisherige sächsische Landesgruppenchef und Ostbeauftragte Marco Wanderwitz den Zorn seiner Parteikollegen ab. Denn Wanderwitz hatte im Sommer rechte Tendenzen damit in Verbindung gebracht, dass einige Ostdeutsche »in einer Form diktatursozialisiert sind, dass sie auch nach dreißig Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind«. Später sagte er noch: »Es gibt zwischen der Zustimmung für die AfD und Impfablehnung einen klaren Zusammenhang.« Beides sorgte für Debatten und Frust.

»Was uns sehr, sehr geschadet hat, ist Wanderwitz' Äußerung zu hohen Coronazahlen in unserer Region und dem Zuspruch zur AfD«, sagte der Görlitzer CDU-Landrat Bernd Lange der dpa. Im Wahlkreis Görlitz hatte die AfD so gut abgeschnitten wie nirgends sonst. »Wanderwitz sollte jetzt ruhig sein und überlegen, was er da angerichtet hat«, meinte Lange. Den Posten als Chef der sächsischen Landesgruppe ist Wanderwitz jedenfalls los.

Lange weiß aber auch, dass es nicht nur um Personen ging. Die CDU habe »in den vergangenen Jahren viele Themen verlassen, die früher wichtig waren. Die Wehrpflicht ist so ein Beispiel.« Der Thüringer Voigt meinte, die »Berlin-Mitte-Themen« seien teils einfach an den Menschen vorbei gegangen. »Es geht auch um die Frage, hat der Osten im Wahlkampf überhaupt eine Rolle gespielt«, sagte Voigt bei »Bild«. »Da haben sich viele gewundert, dass da über die Köpfe hinweggesprochen worden ist.«

Der neue sächsische Landesgruppenchef Körber stößt ins selbe Horn. »Wir haben nicht die Themen getroffen und gespielt, die die Menschen im Osten wirklich« interessieren, sagte der CDU-Politiker der dpa. Man habe an den Menschen vorbei geredet. Das Wahlkampfmaterial aus Berlin, etwa zu Klimaschutz, habe nicht gepasst. Zu Themen wie Migrationspolitik oder Mobilität auf dem Land habe man nichts gesagt. Es sei der »schlechteste Wahlkampf« gewesen, den er jemals erlebt habe.

Kaum Einfluss in der Partei, kaum Gehör in Berlin - die Klage ist laut, doch dürfte es für die CDU-Politiker aus dem Osten nicht leichter werden. Zusammen haben die ostdeutschen CDU-Landesgruppen - mit Berlin - noch 25 Abgeordnete im Bundestag. Die müssten sich nun noch enger zusammentun, fordert Körber, um »überhaupt noch eine Stimme in Berlin zu sein«. (dpa)