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Union fordert entschlosseneres Handeln in Migrationskrise

Spitzenpolitiker der Union fordern schnellere Beschlüsse der Bundesregierung in der Migrationskrise. CDU-Chef Friedrich Merz unterbreitet Bundeskanzler Olaf Scholz deswegen ein Angebot.

Markus Söder
CSU-Chef Markus Söder spricht auf dem 75. Deutschlandtag der Jungen Union. Foto: Moritz Frankenberg/DPA
CSU-Chef Markus Söder spricht auf dem 75. Deutschlandtag der Jungen Union.
Foto: Moritz Frankenberg/DPA

In der Migrationskrise ist nach Ansicht der Union ein schnelleres Handeln der Bundesregierung notwendig. Entsprechende Forderungen stellten der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beim Deutschlandtag der Jungen Union in Braunschweig. Merz unterbreitete Bundeskanzler Olaf Scholz ein neues Angebot, um über Migration zu verhandeln.

»Wir müssen in diesem Jahr noch zu Entscheidungen kommen, damit es nach dem Winter aufhört mit dieser ungesteuerten und unregulierten illegalen Migration in die Bundesrepublik Deutschland«, sagte Merz. Söder betonte, der Bundeskanzler müsse liefern. Beim Thema Migration habe man nicht ein oder zwei Jahre Zeit.

Merz bietet Bundeskanzler kleine Verhandlungsgruppe an

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte den Ländern und der »demokratischen Opposition« einen »Deutschlandpakt« angeboten, um Reformen voranzubringen - etwa bei der Beschränkung der irregulären Migration. Merz betonte, man sei bereit, einen solchen Pakt einzugehen. »Das Einzige, was bisher passiert ist, ist ein ganz gutes Abendessen am letzten Freitag, aber sonst nichts«, kritisierte Merz mit Blick auf den Pakt. Scholz hatte Merz zu einem abendlichen Gespräch mit den Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) und Stephan Weil (SPD) zum Thema Migration eingeladen.

Merz bot dem Bundeskanzler nun an, in einer kleinen Verhandlungsgruppe über Möglichkeiten zur Begrenzung der irregulären Migration zu verhandeln. In einem Brief an Scholz mit Datum vom Freitag schlägt Merz Scholz auch im Namen von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt vor, »dass wir eine kleine, paritätisch besetzte Verhandlungsgruppe aus Vertretern Ihrer Regierung und meiner Fraktion benennen, die die Gespräche zu diesem Thema aufnimmt«.

Scholz: Müssen mehr und schneller abschieben

Scholz hatte jüngst angekündigt, härter gegen abgelehnte Asylbewerber vorgehen zu wollen und die irreguläre Migration in Deutschland zu begrenzen. »Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben«, sagte der SPD-Politiker dem »Spiegel«. Wer sich nicht auf Schutzgründe berufen könne und keine Bleibeperspektive habe, müsse gehen. »Wir müssen mehr und schneller abschieben.«

In den ersten neun Monaten dieses Jahres sind bereits mehr Menschen unerlaubt nach Deutschland eingereist als in den sechs Vorjahren. Von Januar bis September seien bisher 92 119 Menschen registriert worden, teilte die Bundespolizei in Potsdam mit. Diese Zahl wurde zuletzt 2016 - nach dem Jahr der sogenannten Flüchtlingskrise - mit 111 843 übertroffen. Im vergangenen Jahr waren es 91 986 Menschen.

Im September 2023 zählte die Bundespolizei 21 366 unerlaubt eingereiste Migranten - etwa doppelt so viele wie im Juli mit 10 714. Es war der höchste Monatswert seit Februar 2016, als 25 650 Menschen registriert wurden.

Söder fordert Grenzpolizei in Deutschland

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte für die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz am vergangenen Montag für zunächst zehn Tage feste Kontrollen bei der EU-Kommission angemeldet. Faeser will damit die irreguläre Zuwanderung begrenzen und die Schleuserkriminalität stärker bekämpfen.

Stationäre Grenzkontrollen gehen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nicht weit genug. Er forderte eine Grenzpolizei nach bayerischem Vorbild in ganz Deutschland. »Wir brauchen eine solche Grenzpolizei für ganz Deutschland an der Grenze, es reicht nicht nur in Bayern, wir brauchen das insgesamt«, sagte Söder. In Bayern gibt es seit fünf Jahren eine Grenzpolizei.

CSU-Vize Weber skeptisch bei nationalen Grenzkontrollen

EVP-Fraktionschef Manfred Weber bezweifelte die Wirkung von Grenzkontrollen. »Glauben wir ernsthaft, dass die Wiedereinführung von nationalen Grenzkontrollen die Lösung sein kann?«, sagte Weber am Samstag in Braunschweig. Er glaube nur bedingt daran, dass wegen Kontrollen an bestimmten Autobahnpunkten weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen, erläuterte Weber. Er plädierte eher für eine Stärkung der Außengrenzen Europas. »Ich möchte, dass wir endlich in der Lage sind, unsere europäischen Grenzen zu sichern und die Bewegungsfreiheit in Europa aufrechterhalten«.

Klingbeil gegen Obergrenze für Aufnahme von Geflüchteten

Für eine Forderung bekam Söder Gegenwind von Lars Klingbeil. Der SPD-Bundesvorsitzende sprach sich gegen eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen aus. »Eine Obergrenze ist nicht umsetzbar«, sagte Klingbeil der »Welt am Sonntag«. Er glaube nicht, dass die Bundesregierung die Kälte und Herzlosigkeit besäße, beispielsweise eine politisch verfolgte Frau aus dem Iran zurückzuweisen, sollte die Obergrenze bereits erreicht sein.

Der bayerische Ministerpräsident Söder hatte im Landtagswahlkampf eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen von etwa 200 000 Menschen als Richtwert ins Gespräch gebracht. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte das für die Bundesregierung bereits abgelehnt.

© dpa-infocom, dpa:231021-99-650327/2