Die ungarische Regierung hat ein erstes Gesetz im Parlament eingereicht, um eine drohende Kürzung von EU-Mitteln abzuwenden. Es sieht eine Unvereinbarkeitsregelung für die Mitglieder von Kuratorien öffentlicher Stiftungen sowie eine verbesserte Amtshilfe für die EU-Korruptionsermittlungsbehörde Olaf vor. Der Gesetzesvorschlag erschien am Montagabend auf der Webseite des ungarischen Parlaments. Ein weiteres Gesetzespaket will die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban noch am Freitag einbringen.
Nach jahrelangen Vorwürfen wegen mutmaßlichen Missbrauchs von EU-Geldern und Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit hatte die EU-Kommission am letzten Sonntag vorgeschlagen, Ungarn Zahlungen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zu kürzen. Zugleich hatte sie Budapest zwei Monate Zeit gegeben, um die Missstände abzustellen und damit ungeschoren aus dem Rechtsstaatsverfahren auszusteigen.
Ein besonders heikler Fall sind die öffentlichen Stiftungen, denen die Orban-Regierung die meisten Universitäten des Landes zugespielt hat. In deren Kuratorien sitzen nahezu ausschließlich Orban-loyale Persönlichkeiten, unter ihnen Minister und Staatssekretäre. Selbst nach einem Regierungswechsel könnten diese Personen nicht ausgetauscht werden.
Was steht in dem Gesetzesentwurf?
Der Gesetzesentwurf sieht nun vor, dass die Kuratoriumsmitglieder nicht an Stiftungsentscheidungen teilnehmen dürfen, bei denen sich für sie Interessenskonflikte auftun würden. Die Politiker müssten aber künftig nicht aus den Kuratorien ausscheiden, beeilte sich der ungarische EU-Chefverhandler Tibor Navracsics am Dienstag im TV-Sender ATV zu erklären. »Die EU-Kommission erwartet das nicht«, sagte er. Navracsics sitzt selbst einer Stiftung vor, die die Pannon-Universität in der westungarischen Stadt Veszprem verwaltet.
Des weiteren bestimmt der Gesetzesentwurf, dass die ungarische Steuerbehörde NAV den Ermittlern der EU-Agentur Olaf Amtshilfe leisten wird. Unter anderen soll NAV den Olaf-Kollegen bei Ermittlungen in Ungarn Amtsräumlichkeiten zur Verfügung stellen und ihnen den Zugang zu den Datenbasen und Dokumenten des Finanzamts ermöglichen.
Zustimmung aus Deutschland
Die deutsche Bundesregierung hatte den Vorschlag der EU-Kommission zuvor begrüßt. Es sei gut, dass die Behörde dieses Instrument anwende, um die Rechtsstaatlichkeit zu schützen, sagte Europastaatsministerin Anna Lührmann am Dienstag am Rande eines EU-Treffens in Brüssel. Zur Frage, ob die ungarischen Zusagen ausreichten, um einen Missbrauch von EU-Geld zu verhindern, äußerte die Grünen-Politikerin sich nicht. »Wir prüfen diese Maßnahmen jetzt sehr genau.«
Österreichs Ministerin Karoline Edtstadler betonte am Dienstag, es dürfe beim Rechtsstaat keine Abstriche geben. Zugleich solle man jedem die Chance geben, auf den Weg der Rechtsstaatlichkeit zurückzufinden.
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