Die Lebensverhältnisse der Menschen haben sich im Jahr 2021 in neun von zehn Ländern verschlechtert. Das geht aus dem »Index der menschlichen Entwicklung« der UN-Entwicklungsagentur UNDP hervor. Zum zweiten Mal in Folge sei der globale Index-Wert zurückgegangen, beklagte die UNDP bei der Präsentation des am Donnerstag veröffentlichten Berichts. »Wir können unsere Umstände ewig in Statistiken umschreiben«, sagte UNDP-Leiter Achim Steiner. »Die harte Frage, der wir uns stellen müssen, lautet: Woran liegt es, dass wir nicht handeln?«
Laut dem neuen Ranking ist die Schweiz mit einem Index-Wert von 0,962 das höchstentwickelte Land der Welt, nahezu gleichauf mit Norwegen und Island. Deutschland kommt auf 0,942, belegt Rang neun und verliert damit im Vergleich zu 2015 fünf Plätze. Bei der Erstauflage 1990 hatten die Vereinigten Staaten noch geführt, sie kommen jetzt nur noch auf Rang 21. Auf den hintersten Plätzen der 191 untersuchten Staaten liegen Niger, Tschad und Südsudan.
Umweltkatastrophen und andere Krisen
»Wir leben in sehr schmerzlichen Zeiten, egal ob es um eine Welt unter Wasser, ohne Wasser, in Flammen oder inmitten einer Pandemie geht«, sagte UNDP-Leiter Achim Steiner. »Die Welt taumelt von Krise zu Krise, gefangen im Kreislauf des Feuerlöschens, ohne dass die Wurzeln unserer Probleme angefasst werden«, warnte die UNDP. Außerdem beobachteten die Statistiker weltweit wachsenden Pessimismus: Sechs von sieben Menschen gäben an, sich unsicher zu fühlen, ein Drittel sagte, dass sie anderen nicht vertrauen.
Fortschritt sei aber beispielsweise dank neuer Computertechnologien, Wissenschaft oder neuer Getreidesorten möglich, so Steiner weiter. In Kenia könne dank ausgiebiger Anstoßinvestitionen inzwischen 90 Prozent des Strombedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Gesellschaften, die fossile Brennstoffe finanzierten, machten einen Fehler, sagte er.
In die Berechnung des seit 1990 erscheinenden Indexes zu den Mitgliedsländern der Vereinten Nationen fließen Kriterien wie Lebenserwartung, Einkommen und Dauer der Schulbildung ein. Ein so flächendeckender Rückgang wie 2021 ist laut Steiner noch nie vorgekommen - selbst auf dem Höhepunkt der Finanzkrise vor rund zehn Jahren sei nur in rund einem von zehn Ländern der Index zurückgegangen.
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