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UN-Chef: Libyen-Entwicklung Skandal

Eindringlicher hat UN-Chef Guterres schon lange nicht mehr gesprochen: Seit Beginn des Jahres wehe ein »Wind des Wahnsinns« über die Welt. Vor allem über die Situation in Libyen nach der vielversprechenden Berliner Konferenz ist er außer sich.

Libyen-Konferenz
Demonstranten fordern während der Libyen-Konferenz im Januar Frieden in dem nordafrikanischen Land. Foto: Paul Zinken/dpa
Demonstranten fordern während der Libyen-Konferenz im Januar Frieden in dem nordafrikanischen Land. Foto: Paul Zinken/dpa

New York (dpa) - UN-Generalsekretär António Guterres hat sich wütend über die geringen Fortschritte nach der vielversprechenden Libyen-Konferenz in Berlin gezeigt. »Ich bin zutiefst frustriert über das, was in Libyen passiert, und ich finde, es ist ein Skandal«, sagte Guterres.

Neben der Situation in dem nordafrikanischen Bürgerkriegsland beklagte der UN-Chef am Dienstag in New York auch die seit Beginn des Jahres stark angestiegenen globalen Spannungen: »Ich habe kürzlich über den Wind der Hoffnung geredet, aber heute fegt der Wind des Wahnsinns über die Welt«.

Die am libyschen Bürgerkrieg beteiligten Länder seien in Berlin zusammengekommen und hätten sich verpflichtet, sich nicht weiter einzumischen und das geltende Einfuhrverbot für Kriegswaffen einzuhalten. »Die Wahrheit ist aber, dass das Embargo des Sicherheitsrats weiterhin verletzt wird«, sagte Guterres. Es würden noch immer Flugzeuge mit Kampfgerät in beiden Teilen des gespaltenen Landes ankommen.

Namentlich nannte Guterres unter Berufung auf Berichte dabei Lieferungen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten, Truppen aus der Türkei, Söldner aus dem Sudan und Angehörige einer privaten russischen Militärfirma. Auch die in Berlin vereinbarte Feuerpause sei »dramatisch verletzt« worden. Dies sei »absolut inakzeptabel«.

Bei der Berliner Konferenz im Januar hatten sich in den Bürgerkrieg verwickelte Länder zu einer Einhaltung des Waffenembargos und einem Ende der militärischen Unterstützung für die Konfliktparteien in Libyen verpflichtet. Auch Libyens große Gegenspieler - Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch und General Chalifa Haftar - waren dabei, ohne dass sie direkt miteinander sprachen.

Als »einzig positive Nachricht« bezeichnete Guterres das Eintreffen von Vertretern der libyschen Konfliktparteien in Genf für Gespräche seit Montag. Dem UN-Sonderbeauftragten Ghassan Salamé zufolge haben dort beide Seiten die Bereitschaft erklärt, die bestehende Feuerpause in einen »stabileren« Waffenstillstand zu verwandeln. Details darüber sollten in den zunächst bis Donnerstag laufenden Gesprächen geklärt werden.

In Libyen war nach dem Sturz und der Tötung des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Die Regierung von Al-Sarradsch ist international anerkannt, hält aber nur kleine Gebiete rund um Tripolis im Westen des Landes. Gegen Al-Sarradsch, der von der Türkei unterstützt wird, kämpft Haftar mit seinen Verbündeten. Er bekommt Unterstützung von Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Russland.

Doch nicht nur Libyen sei ein Brennpunkt, auch im Jemen oder in Syrien hätten die Eskalationen neue Dimensionen angenommen, sagte Guterres. Dies lasse die Angst vor Instabilität und Unkontrollierbarkeit wachsen - »mit dem erhöhten Risiko von Fehleinschätzungen«, sagte Guterres. Er schien dabei auch auf den Abschuss eines ukrainischen Passagierflugzeuges bei Teheran durch iranische Truppen anzuspielen. Die iranischen Revolutionsgarden hatten die Maschine Anfang Januar irrtümlich abgeschossen, als sie einen US-Angriff auf ihre Hauptstadt erwarteten.

Schuld an dieser Eskalation sei auch die immer öfter ignorierte internationale Diplomatie und der verschmähte Multilateralismus. »Resolutionen des Sicherheitsrates werden schon nicht mehr respektiert, bevor die Tinte getrocknet ist«, beklagte Guterres.

Angesprochen auf den neuen US-Nahostplan für Israel und die Palästinensergebiete betonte der UN-Chef, dass die Vereinten Nationen sich einer Zwei-Staaten-Lösung verpflichtet sähen, die auf den Beschlüssen des Sicherheitsrates und den Grenzen von 1967 basiert. Die Trump-Regierung hatte in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe einseitig proisraelischer Entscheidungen getroffen. So erkannte sie den israelischen Anspruch auf die besetzten Golanhöhen an. Auch erkannten sie Jerusalem als Israels Hauptstadt an und verlegten ihre Botschaft dorthin. Das widerspricht UN-Resolutionen.