Im weitgehend grau-nassen März in Deutschland erscheint der Gedanke an Wasserknappheit weit weg, doch die Versorgung mit der Ressource muss gut organisiert werden. Insbesondere, weil das natürliche Wasserangebot in der Bundesrepublik sehr ungleich verteilt ist: So ist dem Umweltbundesamt zufolge in den Gebirgsregionen Süddeutschlands zehn- bis zwanzigmal mehr Wasser verfügbar als im trockenen Brandenburg.
Umweltministerin Steffi Lemke hat sich das Thema der Wasserversorgung nun auf ihre Agenda gesetzt. So will sie künftig unter anderem vermehrt mit Verbundnetzen und Fernleitungen Wasser aus nassen Regionen Deutschlands in trockene Gegenden bringen. »Die vergangenen Dürrejahre haben deutliche Spuren in unseren Wäldern, Seen und Flüssen und in der Landwirtschaft hinterlassen«, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.
Als Teil einer Nationalen Wasserstrategie will das Umweltministerium gemeinsam mit den Ländern evaluieren, wo Verbundnetze und Fernleitungen nötig sind, um regionale Unterschiede in der Wasserverfügbarkeit auszugleichen. Erste Fernleitungen gibt es bereits, beispielsweise in Stuttgart oder Hessen. Lemke will dies nun mit der Wasserstrategie bündeln.
Niederschlag sehr ungleich verteilt
»Zwar herrscht in Deutschland im Mittel kein Wasserstress«, schreibt das Umweltbundesamt, »jedoch gibt es regionale und saisonale Unterschiede«. Der Niederschlag sei sehr ungleich verteilt: Im Osten und Nordosten Deutschlands fällt im Durchschnitt weniger als im Westen und Süden. Wenn mehr als 20 Prozent des verfügbaren Wassers vom Menschen genutzt wird, spricht man von Wasserstress. Dann kommt es nach Expertenangaben zu Problemen für Umwelt und Wirtschaft: Moore und Feuchtgebiete können austrocknen, Wälder können unter der Trockenheit ächzen.
Aber nicht nur Trockenheit kann zum Problem werden. Die Wassermassen im Ahrtal und in Nordrhein-Westfalen hatten vor zwei Jahren eine Flutkatastrophe verursacht. »Extremwetterereignisse treten immer häufiger auf und stellen Kommunen und Länder vor große Probleme«, sagte Lemke. Daher sollen Kommunen und Länder künftig gesetzlich verpflichtet werden, Gefahren- und Risikokarten für Starkregen zu erstellen und bei der Bebauungsplanung zu berücksichtigen.
Zu hohe Verschmutzung durch Pestizide
Ein weiteres Ziel der Strategie ist sauberes Wasser in Flüssen und Seen, denn die Verschmutzung der Gewässer durch Pestizide, Mikroplastik oder Rückstände von Medikamenten ist hoch. »Sauberes Wasser muss immer und überall in Deutschland ausreichend verfügbar sein«, sagte die Umweltministerin.
Um das zu erreichen will Lemke die angestrebte EU-Regelung zur erweiterten Herstellerverantwortung unterstützen und schnellstmöglich einführen. Danach gilt: Wer wasserschädliche Produkte oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt, muss auch verstärkt zur Beseitigung von Schäden in den Gewässern beitragen.
In Deutschland verwenden Energiewirtschaft, Bergbau und Industrie einen Großteil des Wassers dazu, um ihre Produktions- und Stromerzeugungsanlagen zu kühlen. Häufig wird es danach wieder in Flüsse oder Seen geleitet. Das im Kühlprozess erwärmte Wasser kann Gewässer aber thermisch belasten.
Energiesektor verbraucht am meisten Wasser
Von den deutschlandweit genutzten 20 Milliarden Kubikmetern im Jahr 2019 entfielen dem Umweltbundesamt zufolge 44,2 Prozent auf den Energiesektor. Bergbau und verarbeitendes Gewerbe entnahmen zusammen 26,8 Prozent - genauso viel die öffentliche Wasserversorgung. 2,2 Prozent wurden für die Beregnung landwirtschaftlicher Flächen genutzt.
In der Nationalen Wasserstrategie werden dem Umweltministerium zufolge nun wasserbezogene Maßnahmen in allen relevanten Sektoren gebündelt. Das betreffe also Landwirtschaft und Naturschutz, Verwaltung und Verkehr, Stadtentwicklung und Industrie. Am Mittwoch will sich dann das Kabinett mit der Strategie beschäftigten. Diese ist auf den Zeitraum bis 2050 ausgelegt - erste Maßnahmen sollen bereits in den Jahren bis 2030 schrittweise umgesetzt werden.
© dpa-infocom, dpa:230311-99-911715/3