Washington (dpa) - US-Präsident Donald Trump wird heute eine der wohl weitreichendsten Entscheidungen seiner bisherigen Amtszeit treffen. Um 14.00 Uhr Ortszeit (20.00 Uhr MESZ) will er bekanntgeben, wie er sich die Zukunft des Atomabkommens mit dem Iran vorstellt.
Der 2015 abgeschlossene Deal gilt als eines der wichtigsten, wenngleich auch als eines der umstrittensten internationalen Abkommen.
Die Regelung verpflichtet die internationale Gemeinschaft, auf Sanktionen gegen den Mullah-Staat zu verzichten. Im Gegenzug soll der Iran weitgehend die Anreicherung von Uran unterlassen, so dass die Herstellung von waffenfähigem Nuklearmaterial ausgeschlossen ist. Die Regelung gilt zunächst bis 2025, einige Teile, darunter verschärfte Kontrollen internationaler Beobachter reichen bis ins Jahr 2040.
Die US-Regierung von Donald Trump und ihre europäischen Partner haben eine komplett unterschiedliche Sicht auf das Abkommen. Während etwa Deutschland als eines der sechs Unterzeichnerländer unbedingt an der Regelung festhalten will, bezeichnen Trump, sein Außenminister Mike Pompeo sowie der Nationale Sicherheitsberater John Bolton das Abkommen als einen schlechten Deal.
Die Kontrollmechanismen seien zu lax, die Laufzeit zu kurz und viele vom Iran verursachte Probleme würden gar nicht behandelt. Regionale US-Verbündete, allen voran Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, sehen ähnliche Probleme. Netanjahu wirft dem Iran vor, weiterhin den Bau von Atomwaffen zu betreiben. Die Internationale Atomenergiebehörde sieht dafür allerdings keine Belege.
Die Europäer und auch Russland wollen unter allen Umständen an dem Deal festhalten. »Wir befürchten, dass ein Scheitern dazu führt, dass es Eskalationen gibt und wir in die Zeit von vor 2013 zurückfallen werden«, sagte Außenminister Heiko Maas am Montag bei einem Treffen mit seinem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian in Berlin.
»Wir sind absolut entschlossen, dieses Abkommen zu retten«, betonte der französische Außenminister Le Drian. Der britische Außenminister Boris Johnson unternahm einen Versuch, Trump zu ködern und brachte den US-Präsidenten für den Fall eines Festhaltens an dem Abkommen für den Friedensnobelpreis ins Gespräch: »Wenn er Nordkorea in Ordnung bringen kann und auch das Atomabkommen mit dem Iran, dann sehe ich nicht, warum er ein weniger geeigneter Kandidat sein sollte als der Friedensnobelpreisträger Barack Obama, der ihn (den Preis) bekommen hat, bevor er irgendetwas gemacht hat«, sagte Johnson dem Sender Sky News.
500 Parlamentarier aus Deutschland, Großbritannien und Frankreich wandten sich in einem offenen Brief an ihre US-Kollegen und machten auf die Bedeutung des Abkommens aufmerksam. Der Iran-Deal habe gezeigt, dass eine Koalition auch mit Russland und China möglich sei, wenn der Westen zusammenstehe. »Diese Koalition ist nun gefährdet, wenn die US-Regierung zu einer Abkehr von dem Deal tendiert, ohne jeglichen Beweis, dass der Iran seine Verpflichtungen nicht erfüllt«, heißt es in dem Schreiben.
Experten in den USA wiesen für den Fall einer Abkehr der USA auf die dann zu erwartenden Folgen hin. »Wir könnten in die sehr eigenartige Position kommen, dass wir unsere europäischen Partner für Geschäfte mit dem Iran sanktionieren müssten«, sagte der demokratische Kongressabgeordnete Joaquin Castro. Er schloss auch militärische Konsequenzen nicht aus. »Es wäre sehr gefährlich, diesen Weg zu gehen«, betonte er.
Irans Präsident Hassan Ruhani hatte bereits am Vortag gewarnt, die USA begingen einen »historischen Fehler«, sollten sie den Deal zum Platzen bringen. An den Märkten herrschte Unruhe. Der Dow-Jones-Index gab in den USA am Montag nach. Die Ölpreise legten zu.