Nach dem Tod der österreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr ist am Freitag in Oberbayern die Wohnung eines Mannes durchsucht worden. Dem 59-Jährigen aus dem Landkreis Starnberg werde Bedrohung und Nachstellung Kellermayrs vorgeworfen, berichtete die Generalstaatsanwaltschaft München anschließend.
Der Mann soll sich im Internet und in sozialen Netzwerken entsprechend geäußert haben. In einem Beitrag soll Kellermayr bedroht worden sein, dass sie beobachtet werde und solche »Kreaturen« künftig vor »Volkstribunale« gebracht würden.
Die im Kampf gegen die Corona-Pandemie engagierte Ärztin war massivsten Morddrohungen aus der Szene der Maßnahmengegner ausgesetzt. Sie wurde am vergangenen Freitag tot in ihrer Praxis gefunden. Das vorläufige Obduktionsergebnis bestätigte einen Suizid.
Laut dem Leitenden Oberstaatsanwalt Klaus Ruhland stellte die Kripo Fürstenfeldbruck am Freitagmorgen Datenträger bei dem Verdächtigen aus dem Kreis Starnberg sicher. Der 59-Jährige habe sich kooperativ gezeigt. Weitere Auskünfte gaben die Ermittler zunächst nicht. Die Münchner Generalstaatsanwaltschaft hatte den Fall von der Staatsanwaltschaft München II übernommen, weil die Justizbehörde bayernweit die Ermittlungen wegen Hass und Hetze im Internet koordiniert.
Zusammenarbeit mit deutschen Behörden
Auch die österreichischen Behörden haben inzwischen die Ermittlungen wieder aufgenommen. Die »inländische Gerichtsbarkeit« sei nach dem Tod der 36-jährigen Hausärztin wieder gegeben, sagte der leitende Staatsanwalt Christian Hubmer am Freitag und bestätigte damit einen Bericht der »Oberösterreichischen Nachrichten«. Man arbeite auf der Suche nach Verfassern von Morddrohungen in sozialen Medien nun mit den deutschen Anklagebehörden zusammen. In der Bundesrepublik ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Berlin in dem Fall.
Unterdessen hat sich Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) in einem Schreiben an die Polizisten des Landes gegen den Eindruck gewandt, die Polizei habe zu wenig zum Schutz der Ärztin getan. Im Gegenteil sei behördlicherseits sehr viel unternommen worden, heißt es in dem Brief, aus dem die österreichische Nachrichtenagentur APA zitiert. »Ein reflexartiges und generelles Schlechtreden der Polizistinnen und Polizisten und der Polizeiarbeit in unserem Land ist (...) völlig unangebracht und unzulässig.«
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