Schwimmbäder teurer, Bibliotheken tageweise zu: Der Energiepreisanstieg belastet nicht nur Bürger und Unternehmen, sondern auch die Kommunen - und könnte zur Einschränkung ihrer Dienstleistungen führen. Das sagt jedenfalls der Präsident des Deutschen Landkreistags voraus.
»Die stark steigenden Gas- und Strompreise treffen die Kreise und Gemeinden hart. Das ist allein mit Energieeinsparungen nicht zu kompensieren«, sagte Reinhard Sager der »Welt«. »Es wird eine ganze Reihe Kommunen geben, die das durch Angebotseinschränkungen ausgleichen muss, soweit es nicht um gesetzlich vorgeschriebene Leistungen geht.«
Weniger kommunale Leistungen
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund zählt zu den freiwilligen Leistungen etwa die Förderung von Kultur oder Vereinen. »Die Kommunen werden außerdem Investitionen wie in neue Schulen, die Entwicklung von Baugebieten oder Radwege zurückstellen und die Verschuldung erhöhen«, sagte Gemeindebund-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Dienstleistungen wie die Schwimmbadnutzung würden teurer.
Eine Sprecherin des Deutschen Bibliotheksverbands erwartet auch bei dessen Mitgliedern Einschränkungen. Wie andere öffentliche Einrichtungen seien Bibliotheken aufgefordert, 15 bis 20 Prozent Energie einzusparen. »Das kann durch Absenken der Raumtemperaturen allein nicht erreicht werden, sondern nur durch eventuelle Schließtage«, sagte sie dem Blatt.
Der Energiepreisanstieg ist verursacht durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine und die folgende politische Auseinandersetzung mit dem Westen. Angesichts der Belastungen mehren sich nun Stimmen, die auf eine Abkehr von der angegriffenen Ukraine und ein Nachgeben gegenüber Russland hinauslaufen, um das eigene Wohlstandsniveau zu sichern.
FDP-Politikerin ruft zu Opferbereitschaft auf
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann appelliert deshalb an die Deutschen, in der Auseinandersetzung mit Russland zu Opfern bereit zu sein. »Wir müssen Putin und den Diktatoren dieser Welt, die unser demokratisches Leben hassen und zerstören wollen, entschlossen entgegenstehen«, sagte die Verteidigungsexpertin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. »Das wird von uns allen auch persönlich Opfer erfordern, schwach sollten wir trotz alledem nicht werden.« Denn: »Es geht nicht nur um uns«, sagte sie. »Es geht auch um das zukünftige Leben unserer Kinder und Enkelkinder, die auch das Recht haben, so wie wir Jahrzehnte lang, in einem freiheitlichen und friedlichen Deutschland zu leben.«
In der Entlastungsdiskussion spricht sich der Sozialverband Der Paritätische für eine obere Grenze staatlicher Unterstützung aus. Man müsse auch die im Blick haben, die etwas über der Armutsgrenze lägen, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider in der Fernsehsendung »RTL Direkt«. »Ich denke mal ab so 4000 (Euro) sollte man Schluss machen, weil da ist wirklich der Durchschnittsbruttoverdienst eines voll erwerbstätigen Menschen erreicht, und darüber braucht man wirklich nicht mehr helfen.« Bisher hätten die Entlastungspakete aber insbesondere Besserverdienende entlastet, sagte er.
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