Berlin (dpa) - Die Türkei will in Deutschland drei Schulen gründen und verhandelt darüber aktuell mit der Bundesregierung. Ein geplantes Abkommen soll den rechtlichen Rahmen für die Einrichtung der Schulen regeln - analog zu den drei deutschen Auslandsschulen in Ankara, Istanbul und Izmir.
Als Standorte für die türkischen Schulen seien Berlin, Köln und Frankfurt am Main im Gespräch, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Freitag in Berlin. Verhandelt werde aktuell über »ein Rahmenabkommen der Gegenseitigkeit«. Darüber hatte zuerst die »Süddeutsche Zeitung« (Freitag) berichtet.
Die Bundesregierung will die Schulen nur ermöglichen, wenn sie deutschem Recht unterliegen. Sie müssten sich an die jeweiligen Bildungsgesetze der Länder halten und von der Schulaufsicht kontrolliert werden, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) im RTL/ntv-Interview. »Wenn die Schulaufsicht Zugriff hat, dann kann man darüber konstruktiv mit der Türkei sprechen.«
Maas sicherte zu: »Es würde nie ein Raum werden, in dem Dinge unterrichtet werden können, die nicht mit unseren Werten übereinstimmen.« Der eigentliche Grund sei: »Es gibt deutsche Schulen in der Türkei, und die Türkei erhebt den Anspruch, ähnlich in Deutschland behandelt zu werden.«
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, sagte der »Stuttgarter Zeitung« und den »Stuttgarter Nachrichten« (Samstag), dass es in vielen Familien mit türkischem Hintergrund den Wunsch nach türkischen Schulen gebe. »Die deutschen Schulbehörden haben es seit Jahrzehnten versäumt, neben anderen Fremdsprachen auch Türkisch als Wahlfach anzubieten.« Um Einflussmöglichkeiten der türkischen Regierung zu unterbinden, müssten die Schulen nach Ansicht Sofuoglus aber unter Aufsicht der Schulbehörden in Deutschland stehen.
Der Präsident des Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, sagte der »Bild«-Zeitung, dass es keinen grundsätzlichen Anlass gebe, dagegen zu sein. Doch wenn man nicht genau aufpasse, könnten solche Schulen »integrationsschädigend« sein.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, forderte eine Einhaltung kultureller Werte. »Klar muss sein: Was an Schulen in Deutschland gelehrt wird, muss mit unseren Grundwerten und Gesetzen übereinstimmen«, sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Kritik kam von der AfD-Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel: »Der türkische Präsident Erdogan hat wiederholt deutlich gemacht, dass er die in Deutschland lebenden Türken als verlängerten Arm seiner Politik betrachtet.« Eine Fernsteuerung aus Ankara müsse verhindert werden - im Zweifelsfall sei kein Abkommen besser als ein schlechtes.
Auch die Linken-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen sieht die Pläne skeptisch und warnt vor einer »Indoktrination« der Schüler. »Es ist auf jeden Fall erhöhte Wachsamkeit gefragt«, sagte die Abgeordnete am Rande der Klausur ihrer Fraktion im brandenburgischen Rheinsberg.
Klar gegen die türkischen Schulen stellte sich die CSU. »Wir wollen keine Erdogan-Schulen in Deutschland«, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag). Wer deutsche Schulen in der Türkei schließe, dürfe in Deutschland keine eröffnen, sagte Blume mit Blick auf die vorübergehende Schließung der deutschen Schule in Izmir.
Die Türkei darf - genau wie andere Staaten - nicht selbst als Schulträger in Erscheinung treten. Diese Rolle müssten private Vereine übernehmen. Die Verhandlungen laufen laut der »Süddeutschen Zeitung« seit Sommer 2019. Ausgelöst wurden sie demnach durch die vorübergehende Schließung der deutschen Schule in Izmir durch türkische Behörden ein Jahr zuvor. Das türkische Erziehungsministerium hatte erklärt, dass der Schule die rechtliche Grundlage fehle.
Das geplante Abkommen mit der Türkei zielt dem Auswärtigem Amt zufolge darauf ab, »die Rechtsgrundlage für die deutschen Auslandsschulen in Ankara, Istanbul und Izmir abzusichern«. Vergleichbare Abkommen gibt es nach Angaben eines Sprechers bereits mit über 20 Staaten. Wann die Gespräche abgeschlossen werden, sei noch offen. Ein Entwurf für ein Abkommen liege Hessen, Berlin und Nordrhein-Westfalen derzeit zur Prüfung vor.
Die türkischen Schulen in Deutschland sollen der »Süddeutschen Zeitung« zufolge als sogenannte Ersatzschulen betrieben werden. Diese Privatschulen würden selbst Lehrmethoden wählen und Personal einstellen dürfen, aber Lerninhalte vermitteln, die denen in öffentlichen Schulen gleichwertig sind. Sie benötigen eine staatliche Genehmigung und unterstehen den jeweiligen Landesgesetzen.