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Streit ums Geld beim Weltklimagipfel

Halbzeit bei der Weltklimakonferenz - doch die ganz dicken Bretter sind noch zu bohren. Bei den Verhandlungen zeichnet sich ein Streit um Geld ab. Außerdem soll das 1,5-Grad-Ziel gerettet werden.

UN-Weltklimakonferenz COP27
Klimaaktivisten halten in Scharm el Scheich ein Transparent mit der Aufschrift »Don't Gas Africa«. Foto: Gehad Hamdy
Klimaaktivisten halten in Scharm el Scheich ein Transparent mit der Aufschrift »Don't Gas Africa«.
Foto: Gehad Hamdy

Bei der Weltklimakonferenz in Ägypten zeichnet sich ein Streit um die Finanzierung klimabedingter Schäden in ärmeren Ländern ab. Nach Einschätzung der Umweltorganisation Greenpeace von Samstag blockieren mehrere reiche Länder Fortschritte, darunter die USA, Großbritannien und Australien. Yeb Saño, der die Greenpeace-Delegation beim Klimagipfel COP27 im ägyptischen Scharm el Scheich leitet, sprach von einer »enttäuschenden, aber nicht überraschenden« Botschaft und Verzögerungstaktik. Der US-Klimabeauftragte John Kerry sagte dem »Guardian« zufolge auf einer Pressekonferenz, die USA seien »100 Prozent gesprächsbereit«.

Unter dem Begriff der »Schäden und Verluste« wird diskutiert, wie die Folgen des Klimawandels in ärmeren Ländern, die oft weniger zu den Ursachen der Schäden beigetragen haben, gemeinsam geschultert werden können. Meist werden darunter Schäden von Extremwetterereignissen sowie Folgen von langsamen Veränderungen verstanden, etwa steigende Meeresspiegel und fortschreitende Wüstenbildung. Es geht um Folgen jenseits dessen, woran Menschen sich anpassen können, oder um Situationen, in denen die Mittel für eine Anpassung fehlen.

Die Debatte über Zahlungen reicher Industriestaaten dafür kommt seit Jahren kaum voran. Auch Deutschland ließ sich in der Vergangenheit nie auf Zusagen festlegen. Bei der Eröffnung der diesjährigen Klimakonferenz einigten sich die Teilnehmer aus knapp 200 Staaten, das Thema erstmals offiziell auf die Agenda zu nehmen. Ärmere Länder fordern Zusagen der reicheren Staaten. UN-Generalsekretär António Guterres hatte Fortschritte bei dem Thema als den »Lackmus-Test Nummer Eins« für die diesjährige Konferenz bezeichnet.

Proteste auch im Ausland

Mindestens genauso drängend wie der Finanzstreit bleibt für die Verhandler die Frage, wie die klaffende Lücke geschlossen werden kann zwischen dem, was die Staaten bislang an Klimaschutzmaßnahmen zusagen, und dem, was notwendig wäre, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Am Wochenende forderten sogar Konzerne wie Amazon, Nestlé, Microsoft und Ikea, die oft selbst für ihre Umweltbilanz in der Kritik stehen, in einem gemeinsamen Appell mit rund 200 weiteren Firmen und Organisationen die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels. Jedes Zehntelgrad zähle, erklärten sie. Daher müsse jede Anstrengung unternommen werden, um die Auswirkungen, die Kosten und das Leid, das jegliches Überschreiten mit sich bringe, abzumildern, hieß es.

Diese Forderung brachten auf dem COP-Gelände in Scharm el Scheich auch Hunderte Aktivistinnen und Aktivisten vor, die unter enormen Einschränkungen gegen die Nutzung schmutziger Energiequellen protestierten. »Die Meeresspiegel steigen, und wir begehren auf«, skandierten sie bei einem Marsch über das Konferenzgelände. Der Protest war der bisher größte seit Beginn der COP27 und sehr klein im Vergleich zur Demonstration vor einem Jahr bei der COP26 in Glasgow. Damals zogen Zehntausende Demonstranten durch die schottische Stadt. In Ägypten ist die Meinungs- und Versammlungsfreiheit extrem eingeschränkt, Proteste sind faktisch verboten. Die Aktion am Samstag fand unter UN-Aufsicht statt.

In Europa wiederum demonstrierten Tausende: Am Braunkohletagebau Garzweiler protestierten am Samstag mehr als 1000 Menschen für den Erhalt des Orts Lützerath. In London und weiteren britische Städten forderten Tausende auf den Straßen eine konsequentere Klimapolitik. Auch im französischen Lille, der Hauptstadt Paris und anderen europäischen Städten gab es Klima-Demos.

© dpa-infocom, dpa:221112-99-486412/3