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Steueraffäre, Vetternwirtschaft: Sunak in der Kritik

Integrität und Transparenz hatte Rishi Sunak angekündigt. Doch der immer noch neue Premierminister scheint den Kulturwandel nicht zu schaffen. Und dann ist da noch Boris Johnson.

Britischer Premierminister Rishi Sunak
Rishi Sunak, Premierminister von Großbritannien, vor der Downing Street Nummer 10. Foto: James Manning
Rishi Sunak, Premierminister von Großbritannien, vor der Downing Street Nummer 10.
Foto: James Manning

Skandale um Generalsekretär Nadhim Zahawi und Ex-Regierungschef Boris Johnson bringen die Konservative Partei des britischen Premierministers Rishi Sunak zunehmend in Bedrängnis. Im Fall Zahawi steht der Vorwurf im Raum, er könnte zu seiner Zeit als Finanzminister mit den Behörden über die Beilegung einer millionenschweren Steueraffäre verhandelt haben. Bei Johnson geht es um mutmaßliche Vetternwirtschaft. Für Kritiker sind diese Fälle nur die Spitze des Eisbergs bei den konservativen Tories, denen immer wieder Korruption und Hinterzimmer-Absprachen vorgeworfen werden.

Dabei wollte Sunak es doch nach knapp drei skandalumwitterten Jahren unter Boris Johnson anders machen. Integrität, Ehrlichkeit und Transparenz kündigte der 42-Jährige bei seinem Einzug in den Regierungssitz Downing Street Ende Oktober an. Doch die erste Bilanz liest sich verheerend. Gegen seinen engsten Vertrauten Dominic Raab - Vizepremier und Justizminister in Personalunion - gibt es Mobbingvorwürfe mehrerer Ex-Mitarbeiter. Gegen Kabinettsmitglied Zahawi werden Rücktrittsforderungen laut.

Sunak selbst schließlich erhielt zum zweiten Mal innerhalb von rund neun Monaten einen Strafbescheid: Er hatte sich für ein kurzes Video in einem fahrenden Auto filmen lassen - ohne einen Gurt zu tragen. Bereits im April 2022 hatte er wegen seiner Verwicklung in die »Partygate«-Affäre - damals als Finanzminister - eine Strafe bezahlt.

Neuer Besen kehrt nicht gut

Vor allem der Fall Zahawi sei ein Test für Sunak, meint die Opposition. »Er hat einen neuen Besen versprochen«, sagte der Labour-Politiker Pat McFadden am Sonntag dem Sender Sky News - und schob hinterher: Was aber nutze ein neuer Besen, wenn solche Vorfälle mit einem Achselzucken abgetan würden. Sunak hatte Zahawis Steueraffäre für abgeschlossen erklärt - obwohl vieles offen blieb und eine Erklärung des Politikers eher neue Fragen aufwarf. McFaddens Parteikollegin Rachel Reeves kritisierte in der BBC, Sunak sei zu schwach, um irgendeinen Skandal zu verhindern.

Tatsächlich hatte Sunak nie die volle Unterstützung seiner Partei. An der Basis ist der Haudrauf Johnson noch immer beliebter, in der Fraktion muss Sunak zahlreiche Grüppchen zufrieden stellen. Eigentlich sollte der Premier nach den Turbulenzen um Johnson und Kurzzeit-Nachfolgerin Liz Truss die Rückkehr zu seriöser Politik verkörpern. »Er wurde als Anführer aufgebaut, der - wie der Hedgefonds-Manager, der er mal war - die Situation sorgfältig analysiert und dann passende Lösungen anbietet«, kommentierte kürzlich die Zeitung »Telegraph«. »Dieses Trugbild des kompetenten Rishi beginnt sich aufzulösen.«

Vor allem aber lenken die Skandale ab, Sunaks Botschaften kommen nicht an. Anstatt inhaltlich zu diskutieren, geht es nun nur noch darum, ob der Premier angeschnallt war oder nicht. Auch die massive Streikwelle, die das Land immer wieder lahmlegt, bekommt Sunak nicht in den Griff. Er verweigert Gespräche. »Rishi Sunak ist verschollen«, sagte Sharon Graham, Generalsekretärin der Gewerkschaft Unite.

Johnson weiter in Skandale verstrickt

Längst fordert die Opposition Neuwahlen. Immer wieder ist zudem ein Comeback von Boris Johnson im Gespräch, der als Gegner Sunaks gilt. Diese Gefahr für den Amtsinhaber schrumpft aber derzeit wieder. Denn Johnson wird regelmäßig von eigenen Skandalen und Affären eingeholt.

Nun ließ er einen Bericht der »Sunday Times« zurückweisen, der einen Zusammenhang zwischen der Ernennung von Tory-Spender Richard Sharp zum BBC-Vorsitzenden und dessen Hilfe bei einem Finanzkonstrukt für Johnson nahelegt. Demnach half Sharp seinem langjährigen Freund, eine Garantie für ein Darlehen von bis zu 800.000 Pfund (911.000 Euro) zu arrangieren. Kurz danach schlug Johnson Sharp für den BBC-Posten vor.

© dpa-infocom, dpa:230122-99-314815/3