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Städtetag bittet Ärzte um längere Öffnungszeiten

Praxen auch abends, am Wochenende und an Feiertagen offen halten: Der Städtetag appelliert angesichts der dramatischen Lage in Kliniken auch an die niedergelassenen Ärzte. Die reagieren schroff.

Arztpraxis
Patienten im Wartezimmer einer Stuttgarter Arztpraxis. Foto: Sina Schuldt
Patienten im Wartezimmer einer Stuttgarter Arztpraxis.
Foto: Sina Schuldt

Der Deutsche Städtetag hat angesichts der Überfüllung von Kliniken an die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte appelliert, ihre Praxen länger geöffnet zu halten. »Bitte prüfen Sie, Ihre Praxen auch noch nach 18.00 Uhr, am Samstag und Sonntag und an den Feiertagen offen zu halten«, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Kinderkliniken, die Notfallambulanzen der Krankenhäuser und die Rettungsdienste arbeiteten »am Limit«. Es sei zu befürchten, dass sich die schon jetzt sehr kritische Lage über Weihnachten und Silvester weiter zuspitzen werde.

Die Krankenhäuser bräuchten nun »mehr Beinfreiheit« - vor allem bei bürokratischen Vorgaben. »Sanktionen bei Verstößen gegen Vorgaben von Personalschlüsseln, Dokumentationspflichten oder das Vorhalten von Intensivbetten sind vorübergehend auszusetzen«, forderte er. Bei einfachen Erkrankungen sollten Patientinnen und Patienten die Nummer der ambulanten Notfallversorgung der niedergelassenen Ärzte, 116117, wählen und nicht die Nummer 112 des örtlichen Rettungsdienstes. Diese sei nur für echte Notfälle gedacht.

Ärzteverband: Vorstoß »unverschämt«

Ärztevertreter bezeichneten den Vorschlag des Deutschen Städtetags zu verlängerten Öffnungszeiten allerdings als »unverschämt«. »Der Deutsche Städtetag reiht sich ein in die Liste derjenigen, die offenbar keinen blassen Schimmer von den ambulanten Strukturen und ihrer derzeitigen Situation haben«, kritisierte der Chef des Virchowbunds, Dirk Heinrich. Die Praxen seien durch volle Wartezimmer, krankheitsbedingte Personalengpässe und einen »eklatanten Fachkräftemangel« ebenso überlastet wie die Krankenhäuser.

Heinrich kritisierte, dass der Städtetag offenkundig davon ausgehe, dass selbstständig tätige Praxisärzte ein unbegrenztes Potenzial zur Selbstausbeutung hätten. »Allein dies ist schon eine ziemliche Unverschämtheit gegenüber einer Berufsgruppe, mit deren Hilfe die Krise nun bewältigt werden soll.« Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands, dessen Vorsitzender Heinrich ebenfalls ist, kritisierte den Vorstoß ebenfalls scharf.

Derzeit sorgen neben Corona auch andere Atemwegserkrankungen wie bei Kindern die RS-Viren für viele schwere Infekte und überlastete Kliniken. Fast jeder zehnte Klinikmitarbeiter ist zudem laut der Deutschen Krankenhausgesellschaft aktuell selbst erkrankt. Außerdem kommt es bei einigen Arzneimitteln, darunter Fiebersaft für Kinder, aus verschiedenen Gründen zu Knappheiten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte daher gestern an, dass das Angebot wichtiger Arzneimittel besonders für Kinder besser gegen Lieferengpässe abgesichert werden soll.

© dpa-infocom, dpa:221221-99-974635/5