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SPD-Fraktionschef: Gespräche mit Putin nicht ausschließen

Bringt es etwas, mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu reden? Die Meinungen dazu gehen auseinander. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich meint, dass man zumindest offen für Gespräche sein sollte.

Rolf Mützenich
Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, im Interview mit der dpa. Foto: Michael Kappeler
Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, im Interview mit der dpa.
Foto: Michael Kappeler

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich plädiert dafür, Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin unter bestimmten Bedingungen nicht auszuschließen. »Man kann solche Gespräche nicht erzwingen«, sagte Mützenich der Deutschen Presse-Agentur. »Aber wenn Präsident Putin zu einem belastbaren Gespräch mit den Staats- und Regierungschefs der EU beziehungsweise der Nato sowie der Ukraine bereit sein sollte, sollte man das nicht grundsätzlich ausschließen.«

Solche Gespräche müssten von den konkreten Rahmenbedingungen abhängig gemacht werden. »Und der Bundeskanzler ist erfahren genug zu entscheiden, wann er ein solches Gespräch zusammen mit den Partnern für zielführend hält«, sagte Mützenich. Er sehe dabei aber keine Sonderrolle Deutschlands. »Im Gegenteil, ich warne vor einer Sonderrolle jetzt wie auch in der Vergangenheit.« Stattdessen müsse es immer enge Absprachen mit den Partnern geben.

Nur noch sporadische Kontakte

»Ich gehe weiterhin davon aus, dass dieser Krieg nicht auf dem Schlachtfeld durch einen absoluten Sieg entschieden wird, sondern am Ende nur durch Gespräche, durch Verhandlungen, durch Verabredungen«, betonte Mützenich. So seien Kriege auch in der Vergangenheit beendet worden. »Wir sollten immer in der Lage sein, bestimmte Signale, die auf eine mögliche Feuerpause hinweisen, dazu zu nutzen, wieder in diplomatische Gespräche einzutreten. Solche Signale fehlen allerdings bisher.«

Zwischen den westlichen Bündnispartnern und Russland gibt es seit dem russischen Angriff auf die Ukraine Ende Februar nur noch sporadische Gesprächskontakte. Scholz hat zuletzt im Abstand von mehreren Wochen mit Putin telefoniert. Die Ukraine und osteuropäische Bündnispartner sehen diese Kontakte skeptisch.

Baerbock sieht derzeit keine Verhandlungsmöglichkeiten

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte im Magazin »Stern« erläutert, dass sie derzeit keine Möglichkeit auf Verhandlungen mit Russland sieht. »Worüber kann man mit jemandem verhandeln, der nicht mal bereit ist, mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz humanitäre Korridore für die Flucht von Zivilisten zu vereinbaren?«, fragte die Grünen-Politikerin.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Michael Roth, entgegnete, Russland sei weiterhin ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat, bleibe Teil der G20 und gehöre zur Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). »Ob es uns gefällt oder nicht, wir werden mit Vertreterinnen und Vertretern Russlands zu reden haben«, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Roth zeigte sich skeptisch, ob Telefonate Putin zum Einlenken bewegen. »Aber wir müssen diesem Kerl regelmäßig den Spiegel vorhalten, dass er sich auf einem verhängnisvollen Irrweg befindet.«

Mützenich: Sanktionen sind kein Selbstzweck

Eine Lockerung der wegen des Angriffskriegs verhängten Sanktionen gegen Russland hält Mützenich nur bei einem klaren Kurswechsel Putins für denkbar. »Wenn Russland Angebote für eine verlässliche Waffenruhe machen würde, wenn Russland bereit wäre, humanitäre Korridore zu öffnen und belastbare Verhandlungen zu führen, erst dann kann es eine politische Diskussion über die Lockerung der Sanktionen geben.« Außerdem müsse die ukrainische Regierung diesen Weg mitgehen.

Die Sanktionen seien kein Selbstzweck, sondern sollten zu Verhaltensänderungen in Russland führen, betonte Mützenich. »Doch die sehe ich zur Zeit weder im militärischen noch im politischen Bereich.«

Die westlichen Staaten haben ihre Strafmaßnahmen gegen Russland seit Kriegsbeginn Schritt für Schritt verschärft. Politiker der Linken und der AfD haben sich für eine Lockerung ausgesprochen, weil die Strafmaßnahmen auch die deutsche Wirtschaft belasten.

© dpa-infocom, dpa:220714-99-14758/2