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Spanien vor erster Koalitionsregierung

Aus dem Tauziehen um eine Regierungsbildung in Spanien scheint Pedro Sánchez am Ende als Sieger hervorzugehen. Dann hätte das Land nach zwei Wahlen 2019 wieder eine echte Regierung. Aber es hagelt Kritik - denn das Zünglein an der Waage sind die abtrünnigen Katalanen.

Debatte im spanischen Parlament
Pedro Sánchez, der geschäftsführende Ministerpräsident von Spanien, hält auf der Tribüne seine Rede während der ersten Sitzung des Abgeordnetenkongresses. Foto: Eduardo Parra/Europa Press/dpa
Pedro Sánchez, der geschäftsführende Ministerpräsident von Spanien, hält auf der Tribüne seine Rede während der ersten Sitzung des Abgeordnetenkongresses. Foto: Eduardo Parra/Europa Press/dpa

Madrid (dpa) - Kurz vor den Abstimmungen über die Wahl des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez zum Regierungschef darf sich der Sozialist wieder Hoffnung machen.

Zwar wird er am Sonntag beim ersten Votum, bei dem eine absolute Mehrheit von 176 Stimmen nötig ist, aller Voraussicht nach scheitern. Eine zweite Abstimmung fände am Dienstag statt. Doch dann reicht eine einfache Mehrheit, die Sánchez nun wohl bekommen wird: Die größte katalanische Separatistenpartei ERC hat ihm am Samstag ihre Unterstützung bestätigt und will sich enthalten. Zuvor hatte der Deal plötzlich wieder auf der Kippe gestanden.

Sánchez' Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) hatte die Neuwahl am 10. November - wie bereits die erste Neuwahl Ende April - deutlich gewonnen, die absolute Mehrheit aber klar verfehlt. Nach einer Vereinbarung mit dem linken Bündnis Unidas Podemos fehlten ihm aber immer noch Stimmen, um sich im Parlament durchzusetzen. Nach zähen Verhandlungen hatte die katalanische ERC am Donnerstag schließlich zugestimmt, den Weg frei zu machen.

Am Freitagabend hatte dann aber die spanische Wahlkommission (JEC) überraschend die Absetzung des katalanischen Regionalchefs Quim Torra beschlossen, so dass Sánchez' Investitur plötzlich wieder gefährdet zu sein schien. Die Zeitung »La Vanguardia« bezeichnete den Schritt der JEC am Samstag als »Erdbeben«. Trotz ihrer Wut über die Absetzung Torras entschied die ERC-Parteispitze aber am Samstag - während der teils lautstarken Debatte über die Wahl von Sánchez im Parlament in Madrid - den Sozialisten doch weiter zu unterstützen.

Die Wahlkommission war einem Antrag der konservativen Oppositionsparteien gefolgt, die eine Regierungsbildung von Sánchez unbedingt verhindern wollen. Torra wird Ungehorsam vorgeworfen, weil er sich vor der ersten Parlamentsneuwahl im April geweigert hatte, Symbole der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung von öffentlichen Gebäuden zu entfernen.

Zudem hatte die Kommission beschlossen, dass der wegen Aufruhrs zu 13 Jahren Haft verurteilte katalanische Separatistenführer Oriol Junqueras sein Mandat als Europaabgeordneter nicht aufnehmen darf. Junqueras war im Mai trotz seiner damaligen Untersuchungshaft ins Europaparlament gewählt worden. Die JEC widersprach somit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, der Mitte Dezember entschieden hatte, dass die parlamentarische Immunität von Europaabgeordneten greife, sobald das Wahlergebnis verkündet sei.

Die Opposition wirft Sánchez vor, durch die Vereinbarung mit den separatistischen Politikern die Verfassung zu untergraben. Was genau Sánchez den Katalanen zugesichert hat, ist nicht klar. Der Konflikt zwischen dem Zentralstaat und der separatistischen Regierung der Region im Nordosten Spaniens brodelt seit Jahren.

Jedoch betonte Sánchez am Samstag bei der Parlamentsdebatte, durch seine Wahl würden »weder Spanien noch die Verfassung zerstört, sondern wird lediglich die politische Blockade gelöst«. Vor dem Congreso de los Diputados versammelten sich am Mittag zahlreiche Demonstranten, die gegen ihn protestierten. Sie riefen »Sánchez ins Gefängnis!« und »Spanien verdient einen anderen Regierungschef!«