Die Gespräche über eine vorübergehende Waffenruhe im Gaza-Krieg in Kairo sind nach Angaben ägyptischer Sicherheitskreise nicht gescheitert und werden fortgesetzt. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur. Demnach habe es keinen Rückzug der Hamas oder anderer Beteiligter gegeben, so die Quelle. Zuvor hatte es Medienberichte gegeben, wonach die islamistische Palästinenserbewegung die Verhandlungen als gescheitert erklärt haben soll. Das hatten jedoch auch Hamas-Vertreter auf dpa-Anfrage nicht bestätigt.
Den dpa-Informationen zufolge sollen die Gespräche sogar in einem fortgeschrittenen Stadium sein. Sie könnten innerhalb von Tagen eine Waffenruhe mit Austausch von israelischen Geiseln und palästinensischen Häftlingen bringen, hieß es. Der Darstellung zufolge liegt es an einem »internen israelischen Disput«, dass es noch keinen Durchbruch gab. Die verbliebenen Hindernisse seien aber »marginal«.
In den vergangenen beiden Tagen hätte die Hamas sich positiv mit den Vorschlägen aus Katar und Ägypten auseinandergesetzt, sagte ein ranghoher Hamas-Funktionär am Dienstagabend bei einer Pressekonferenz in der libanesischen Hauptstadt Beirut. Dabei bestärkte er erneut die Position der Hamas: »Die Sicherheit unseres Volkes kann nur durch die Beendigung der Aggression, einen Waffenstillstand und den Rückzug der Besatzungstruppen aus Gaza erreicht werden.«
Israel lehnt einen umfassenden Waffenstillstand bisher ab und strebt weiterhin eine Zerstörung der Hamas an. Aus israelischer Sicht ist daher im Rahmen einer Vereinbarung nur eine vorübergehende Feuerpause denkbar.
UN: Vergewaltigungen bei Hamas-Terror glaubwürdig
Fünf Monate nach dem Terrorüberfall der islamistischen Hamas und anderer Extremisten aus dem Gazastreifen in Israel haben die Vereinten Nationen Vorwürfe sexualisierter Gewalt während des Massakers in einem Bericht als glaubwürdig eingestuft.
Es gebe »berechtigten Grund zur Annahme«, dass es zu Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen an mindestens drei Orten gekommen sei, heißt es in dem Papier, das in New York veröffentlicht wurde. Zudem gebe es überzeugende Informationen, dass sexualisierte Gewalt auch gegen verschleppte Geiseln verübt worden sei und dies momentan im Gazastreifen weiter andauern könnte.
Israels Außenminister Israel Katz warf den UN vor, die Verbrechen der Hamas »unter den Teppich kehren« zu wollen. Ein UN-Sprecher wies dies zurück. Die israelische Armee sieht derweil klare Anzeichen dafür, dass die Terroristen bei ihrem Überfall auch Frauen als »Sklavinnen« verschleppt haben.
UN-Papier: Ex-Gefangene berichten von Missbrauch durch Israel
In einem bislang unveröffentlichten Bericht des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA werfen wiederum ehemals gefangene Palästinenser Israel Misshandlungen in Gefängnissen vor. Hunderte Freigelassene hätten UNRWA von »systematischen Demütigungen« berichtet, sagte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini am Vorabend in New York. Laut der »New York Times« geht es darin um Misshandlungen, denen Gaza-Bewohner »aller Altersgruppen« in Haftanstalten in Israel ausgesetzt gewesen seien. Die Misshandlungen hätten dazu gedient, »Informationen oder Geständnisse zu erpressen, um einzuschüchtern und zu demütigen und um zu bestrafen«.
Israelischer Minister Gantz führt Gespräche in Washington
US-Vizepräsidentin Kamala Harris brachte unterdessen bei einem Treffen mit dem israelischen Minister Benny Gantz in Washington ihre »tiefe Besorgnis« über die humanitären Bedingungen im Gazastreifen zum Ausdruck. Sie habe zudem über die Dringlichkeit eines Geisel-Abkommens gesprochen und Israels »konstruktiven Ansatz« in den Verhandlungen begrüßt, teilte das Weiße Haus im Anschluss mit. Harris habe die Hamas aufgefordert, die vorliegenden Bedingungen zu akzeptieren. Die USA bemühen sich mit Ägypten und Katar als Vermittler unter Hochdruck um eine befristete Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln. Einen Durchbruch gibt es bei den indirekten Verhandlungen bisher nicht.
Gantz, der Israels Kriegskabinett angehört, und Harris hätten auch die Lage in der mit Hunderttausenden palästinensischen Flüchtlingen überfüllten Stadt Rafah im Süden Gazas erörtert. Sie hätten über die Notwendigkeit eines umsetzbaren Plans zum Schutz der Zivilisten gesprochen, bevor eine größere Militäroperation in Rafah in Erwägung gezogen werde. In Rafah an der Grenze zu Ägypten leben derzeit rund 1,5 Millionen Menschen auf engstem Raum. Israel plant eine Bodenoffensive in dem Gebiet. Angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen verschärft die US-Regierung seit Wochen ihren Ton gegenüber der israelischen Regierung - und fordert Israel auf, deutlich mehr Hilfe in das Küstengebiet zu lassen und neue Grenzübergänge zu öffnen.
Auch UN erwägen Hilfslieferungen aus der Luft
Die Vereinten Nationen erwägen nun auch, den Gazastreifen mit Lebensmitteln aus der Luft zu versorgen. Das sagte der Sprecher des UN-Nothilfebüros OCHA, Jens Laerke, in Genf. Bei solchen Einsätzen könne nur eine begrenzte Menge transportiert werden. Das sei nicht der effizienteste Weg, um Nahrungsmittel zu den hungernden Menschen zu bringen. Deshalb bestünden die Vereinten Nationen weiter darauf, dass die Versorgung mit Lastwagen über die Landzugänge ausgeweitet wird.
Allerdings würden bei Weitem nicht genügend Lastwagen abgefertigt. Die Vereinten Nationen beschweren sich seit Wochen, dass Israel nicht genügend Lastwagen Einfuhrgenehmigungen in den Gazastreifen erteilt. An den ersten drei Märztagen seien es zwischen 100 und 130 pro Tag gewesen, sagte Laerke. Vor dem aktuellen Konflikt seien täglich mehr als 500 Lastwagen mit Material in den Gazastreifen gefahren.
UN-Bericht: Opfer nach Vergewaltigungen getötet
Auslöser des Krieges war das Massaker der Hamas und anderer extremistischer Gruppen in Israel vom 7. Oktober, bei dem etwa 1200 Menschen getötet und rund 250 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden waren. Israel hatte den Vereinten Nationen lange vorgeworfen, auf die grausamen Verbrechen nicht angemessen reagiert zu haben.
In dem von der UN-Sonderbeauftragten für sexualisierte Gewalt in Konflikten, Pramila Patten, nach einem Besuch in Israel angefertigten Bericht, kommt die Weltorganisation nun zu dem Schluss, dass bei den meisten Vorfällen am Tag des Massakers Opfer einer Vergewaltigung anschließend getötet wurden. Zudem seien in dem Bericht Fälle von sexueller Schändung von Frauenleichen aufgeführt, hieß es weiter. Die UN-Organisation hatte für den Bericht nicht das Mandat, Schuldige zu benennen. Es brauche eine »umfassende Untersuchung«, hieß es.
Mehr als 5000 Fotos und 50 Stunden Video gesichtet
Die Untersuchung von Pattens Team fand von Ende Januar bis Mitte Februar statt. Es habe Dutzende Treffen mit Vertretern von israelischen Behörden und Organisationen gegeben, mehr als 5000 Fotos und 50 Stunden Video seien gesichtet worden. Die Vereinten Nationen führten 34 Interviews mit Zeuginnen und Zeugen durch. Mit überlebenden Opfern sprach das Team aber nicht. Grund sei einerseits deren andauerndes Trauma. Hinzu komme »mangelndes Vertrauen« der Opfer in internationale Organisationen wie die UN, hieß es.
Israels Armee: Terroristen entführten Frauen als »Sklavinnen«
Israels Militär veröffentlichte unterdessen Tonaufnahmen, die beweisen sollen, dass bei dem Überfall auf Israel Frauen auch als »Sklavinnen« verschleppt worden seien. Auf den Aufnahmen, die vom Tag der Invasion stammen sollen, sind die Stimmen von Männern zu hören. Nach israelischer Darstellung soll es sich dabei auch um Mitarbeiter des UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA handeln. So soll etwa der Lehrer einer UNRWA-Schule gesagt haben, er habe eine »Sklavin« gefangen genommen, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Die Authentizität der Aufnahmen konnte bisher nicht unabhängig überprüft werden. Eine Reaktion von UNWRA zu den Vorwürfen steht noch aus.
Israel lobt UN-Bericht über sexualisierte Gewalt bei Hamas-Terror
Israels Präsident Izchak Herzog hat den UN-Bericht über sexualisierte Gewalt beim Massaker der islamistischen Hamas am 7. Oktober gelobt. Der Bericht sei von immenser Bedeutung, schrieb Herzog auf der Plattform X (vormals Twitter). »Er untermauert mit moralischer Klarheit und Integrität die systematischen, vorsätzlichen und anhaltenden Sexualverbrechen, die Hamas-Terroristen gegen israelische Frauen verüben.« Die Welt müsse nun entschieden reagieren und die Hamas verurteilen und bestrafen, forderte Herzog.
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