Rom (dpa) - Der Senat in Rom hat die Immunität des ehemaligen italienischen Innenministers Matteo Salvini aufgehoben. Damit wird ein Prozess gegen den Chef der rechten Lega wegen seiner harten Anti-Flüchtlingspolitik in dessen Regierungszeit möglich.
Bei der Abstimmung votierte eine große Mehrheit der Parlamentskammer für die Aufhebung, wie der Senat am Abend mitteilte. Die Senatoren von Salvinis Lega beteiligten sich nicht und verließen vorher den Saal.
Oppositionsführer Salvini sagte nach dem Votum: »Ich habe Italien verteidigt, dafür komme ich vor Gericht.« Der Politiker hatte seine Position auch im Senat vehement vorgetragen. Er habe im Namen der Italiener die Grenzen des Landes geschützt, argumentierte er. Außerdem habe er nicht allein gehandelt, sondern im Einklang mit der damaligen Regierung.
Bei dem Prozess soll es darum gehen, dass Salvini als Minister 131 Migranten auf einem Schiff der Küstenwache ausharren ließ. Die »Gregoretti« durfte im Sommer 2019 tagelang keinen Hafen anlaufen. Erst nachdem andere Länder, darunter Deutschland, sich zur Aufnahme der Menschen bereit erklärt hatten, gingen die Migranten an Land.
Die Staatsanwaltschaft in Catania wirft dem 46-Jährigen Freiheitsberaubung vor. Matteo Salvini ist in der kleineren der zwei Parlamentskammern Senator. Er war von Juni 2018 bis Anfang September 2019 Innenminister. In dem Prozess könnte dem Lega-Chef eine langjährige Haftstrafe drohen. Dazu schrieb er auf Twitter: »Ich habe keine Angst, politisch nicht mehr kandidieren zu können.«
Bei einem ersten Versuch der Justiz, Salvinis Immunität wegen der Flüchtlingspolitik aufheben zu lassen, hatte der Senat im März 2019 dagegen gestimmt. Damals ging es um das 2018 blockierte Schiff »Diciotti«. Zu diesem Zeitpunkt war Salvini als Minister der starke Mann einer Regierung aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung. Diese Mehrheit half ihm damals.
Im September 2019 dann löste eine neue Koalition der Fünf-Sterne-Partei mit den Sozialdemokraten (PD) die alte Regierung ab. Deren Senatoren stimmten jetzt für die Aufhebung der Immunität, mehrere Rechtsaußen-Kräfte votierten gegen einen Prozess.
Nach der Abstimmung vom Mittwoch muss der Senat noch über den Fall eines dritten blockierten Seenotrettungsschiffs, der »Open Arms« entscheiden. Wann mögliche Prozesse beginnen könnten, war noch unklar.
Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft in Mailand Ermittlungen gegen Salvini wegen einer Beleidigungsklage der früheren »Sea-Watch«-Kapitänin Carola Rackete eingestellt. Das berichteten italienische Medien am Mittwoch unter Berufung auf die Behörde.