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Seehofer will Gefährder nach Syrien abschieben

Dass Syrien kein sicheres Land ist, bezweifelt in der Bundesregierung niemand. Das generelle Verbot, dorthin abzuschieben, sollte nach Ansicht einiger Unionspolitiker aber nicht mehr dauerhaft für alle gelten. Dieser Meinung ist inzwischen auch Innenminister Seehofer.

Horst Seehofer
Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa Foto: Martin Schutt
Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa
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BERLIN. Der generelle Abschiebestopp für Syrien sollte nach Ansicht von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nicht über den 31. Dezember hinaus verlängert werden.

»Ich werde bei der Innenministerkonferenz dafür eintreten, dass wir anstelle eines generellen Abschiebestopps künftig zumindest für Straftäter und Gefährder wieder in jedem Einzelfall prüfen, ob Abschiebungen nach Syrien möglich sind«, sagte Seehofer der Deutschen Presse-Agentur.

Der generelle Abschiebestopp für Syrien war 2012 erstmals beschlossen und seither mehrfach verlängert worden. Der Bürgerkrieg ist in den meisten Gebieten des Landes vorbei. In diesen Krieg haben im Laufe der Jahre mehrere internationale Akteure eingriffen - zuletzt vor allem Russland und die Türkei. Wer als Gegner der Familie Assad wahrgenommen wird, die in dem arabischen Land seit 50 Jahren herrscht, dem drohen aber nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen nach wie vor Folter und Tod.

In den wenigen Gebieten, die noch von Islamisten oder anderen Rebellen kontrolliert werden, gibt es auch Risiken für Anhänger von Präsident Baschar al-Assad. In einem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom Mai hieß es: »Auch in Landesteilen, in denen Kampfhandlungen mittlerweile abgenommen haben, besteht weiterhin ein hohes Risiko, Opfer von Gewalt und Übergriffen zu werden. Dies gilt auch für vermeintlich friedlichere Landesteile im äußersten Westen Syriens sowie die Hauptstadt Damaskus.«

Nach der Messerattacke eines Islamisten in Dresden hatten mehrere Unionspolitiker den kategorischen Abschiebestopp nach Syrien infrage gestellt. Das Auswärtige Amt sieht hier aber vorerst keinen Spielraum.

Am 4. Oktober waren in Dresden zwei Männer Opfer einer Messerattacke geworden. Ein 55-Jähriger aus Krefeld starb, ein 53 Jahre alter Mann aus Köln überlebte schwer verletzt. Festgenommen wurde ein vorbestrafter 20-jähriger Tatverdächtiger, der aus Syrien stammen soll.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte nach der Festnahme: »Es gibt aktuell de facto keine Möglichkeit, abschiebepflichtige Gefährder und schwere Straftäter nach Syrien zu bringen, dort herrscht immer noch Bürgerkrieg, es gibt auch keine zuständigen und ansprechbaren Behörden.« Die »reflexhaften Rufe« einzelner Politiker danach, wieder nach Syrien abschieben zu dürfen, hielten der Realität und den Fakten nicht stand.

Die Lage in Syrien sei »weiterhin sehr komplex«, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes damals. Rückkehrern drohten Gefahren aus unterschiedlichen Richtungen, »auch vom Regime selbst«. Auch praktisch dürften Abschiebungen schwierig sein, da Deutschland keine diplomatischen Beziehungen zu Syrien unterhält.

Aus Sachsen war dem Vernehmen nach kürzlich der Vorschlag gekommen, das Bundesinnenministerium könne doch zur Innenministerkonferenz, die am 9. Dezember beginnt, einen eigenen Bericht zur Lage in Syrien verfassen. Da stellt sich allerdings die Frage, auf Grundlage welcher Erkenntnisse das geschehen könnte. Denn eigene Informationsquellen hat das Innenministerium in Syrien wohl zur Zeit nicht. Seehofer zeigt bislang auch keine Neigung, in seinem Haus einen solchen Bericht in Auftrag zu geben. Er sagt: »Die gesamte Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass Straftäter und Gefährder unser Land verlassen.« Als »Gefährder« bezeichnet die Polizei Menschen, denen sie eine politisch motivierte Straftat von erheblicher Bedeutung zutraut - etwa einen Terroranschlag.

Der Europäische Gerichtshof hatte in der vergangenen Woche entschieden, dass Wehrdienstverweigerer aus Syrien gute Aussichten auf die Anerkennung als Flüchtling in der EU haben. In vielen Fällen sei die Verweigerung Ausdruck politischer oder religiöser Überzeugung oder habe ihren Grund in der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, befanden die Richter. Hintergrund war der Fall eines Syrers, der nach eigenen Angaben nach Deutschland geflohen war, um den Dienst nicht antreten zu müssen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gewährte ihm jedoch nur subsidiären Schutz - und keinen Flüchtlingsstatus. Für subsidiär Schutzberechtigte ist etwa die Möglichkeit des Familiennachzugs begrenzt.

Bei der Innenministerkonferenz im Mai hatten Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen zu Protokoll gegeben, sie plädierten in puncto Abschiebeverbot für »eine differenzierte Betrachtung« von Menschen, die sich als Anhänger von Präsident Assad zu erkennen gegeben oder zwischenzeitlich wieder in Syrien aufgehalten hätten. (dpa)