Mit der Wahl von Alexander Schweitzer zum Ministerpräsidenten beginnt in Rheinland-Pfalz eine neue Ära. Der SPD-Politiker aus der Pfalz folgt auf Malu Dreyer, die sich nach 22 Jahren als Regierungsmitglied aus der Politik zurückzieht. Die 63-Jährige war zunächst elf Jahre Sozialministerin und dann genauso lange Ministerpräsidentin. Mit ihrem einnehmenden Lachen, ihrer Empathie und Zuversicht war die Juristin bundesweit über Parteigrenzen hinweg beliebt. Verabschiedet wurde sie nach einer emotionalen Abschiedsrede mit langanhaltendem Applaus und zahlreichen Blumensträußen.
Der 50 Jahre alte Jurist und Sozialpolitiker Schweitzer dankte seiner Vorgängerin für die langjährige enge Zusammenarbeit. Sie habe sich den Stil ihrer Kommunikation und den Umgang mit Menschen immer auch im Politischen bewahrt. »Es gab nie die Draußen- und die Drinnen-Malu Dreyer, es gab immer nur eine Malu Dreyer, es war auch oftmals eine fordernde Malu Dreyer«, sagte Schweitzer. Als Ministerpräsident habe sie das Bundesland geprägt und nach vorn getragen.
Großer Vertrauensvorschuss für Schweitzer
Die 100 im Landtag anwesenden Abgeordneten wählten Schweitzer im ersten Wahlgang mit großer Mehrheit. Er bekam in geheimer Abstimmung 57 Stimmen. Das Regierungsbündnis aus SPD, FDP und Grünen kommt auf 54 Stimmen, rein rechnerisch erhielt Schweitzer also auch drei Stimmen von Oppositionsabgeordneten - also aus den Reihen von CDU, AfD oder Freien Wählern. Vier Abgeordnete enthielten sich bei der Wahl.
Die 63 Jahre alte Dreyer hatte im Juni, kurz nach der Europa- und den Kommunalwahlen, ihren Rücktritt angekündigt, obwohl sie noch viel habe gestalten wollen. Aber die Kraft gehe ihr aus, hatte Dreyer gesagt, die seit vielen Jahren an Multiple Sklerose erkrankt ist. »Meine Akkus laden sich nicht mehr so schnell auf.«
Viele Emotionen beim letzten Dreyer-Auftritt
Bei ihrem letzten Auftritt im Parlament waren der langjährigen Regierungschefin die Anspannung und die Emotionen deutlich anzumerken. Zu Beginn ihrer Rede verhaspelte sich die sonst glänzende Rednerin, von dem sonst so häufig gezeigte strahlende Lächeln und Lachen war nichts zu sehen. »Ich bedanke mich wirklich herzlich, dass ich noch mal die Möglichkeit habe, hier von diesem Rednerpult aus zu reden«, sagte sie mit wegbrechender Stimme. »Sie merken, irgendwie ist es gerade ein schwerer Tag. Es ist mir heute Morgen schon so gegangen. Als ich in die Staatskanzlei gegangen bin, habe ich gemerkt, es ist tatsächlich der letzte Tag.«
Die 63-Jährige zieht sich nach elf Jahren als Regierungschefin aus der Politik zurück. Der Zeitpunkt ihres selbstbestimmten Wechsels gilt als optimal. Die nächste Landtagswahl ist 2026, und Schweitzer hat damit genug Zeit, sich im Amt bekannt zu machen.
Ein neues Gesicht im Kabinett
Seit der Landtagswahl 2021 war Schweitzer Minister für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung in Dreyers zweiter Ampelregierung. Seine Nachfolgerin in diesem Amt ist die nordrhein-westfälische SPD-Politikerin Dörte Schall.
An dem Kabinett ändert sich sonst nichts, die anderen fünf Ministerinnen und drei Minister bleiben im Amt. Schweitzer hatte gleich in seinem ersten Statement angekündigt, auch nach der nächsten Landtagswahl am liebsten mit Grünen und FDP weiter regieren zu wollen.
Ob es Schweitzer gelingt, auf ähnlich viel Sympathie bei den Rheinland-Pfälzern zu stoßen wie seine beliebte Vorgängerin bleibt abzuwarten. Er hat bereits einen »intensiven Sommer« angekündigt. »Ich will dahin, wo die Menschen sind und sich Meinungen bilden. Das sind auch Tiktok und die Theken.« Und er wird anders als Dreyer nicht mit der Ahr-Flutkatastrophe mit insgesamt 136 Toten in Verbindung gebracht, die sich an diesem Wochenende zum dritten Mal jährt.
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