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Scholz will Gas aus dem Irak importieren

Seit Monaten suchen Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck weltweit nach Ersatz für die ausbleibenden russischen Gasimporte. Gewisse Chancen sieht Scholz nun auch im krisengeschüttelten Irak.

Al-Sudani und Scholz
Iraks Regierungschef Mohammed Schia al-Sudani (l) ist zu Gast bei Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. Foto: Bernd von Jutrczenka
Iraks Regierungschef Mohammed Schia al-Sudani (l) ist zu Gast bei Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin.
Foto: Bernd von Jutrczenka

Auf der Suche nach Ersatz für russisches Gas macht sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nun auch für eine Energiepartnerschaft mit dem Irak stark. »Der Irak wäre für uns ein sehr gern gesehener Kooperationspartner bei dem Import von Gas und Öl nach Deutschland«, sagte Scholz nach einem Treffen mit Iraks neuem Ministerpräsidenten Mohammed Schia al-Sudani in Berlin. Gasimporte könnten über Deutschland auch in andere europäische Länder weitergeleitet werden.

Scholz betonte, dass Deutschland nicht wieder von einzelnen Gas-Lieferanten abhängig werden wolle wie früher von Russland. Von dort kam vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zeitweise weit mehr als die Hälfte der deutschen Gas-Importe. Jetzt bezieht Deutschland gar kein Gas mehr aus Russland.

Al-Sudani betonte Iraks Absicht, Gasexporte weiter voranzutreiben. »Wir haben ehrgeizige Pläne für die Nutzung von Gas, das die Ölproduktion begleitet und dabei abgebrannt wird«, sagte der Ministerpräsident. »Wir haben diese Möglichkeiten aufgezeigt und deutsche Unternehmen zu Investitionen in diesem Sektor eingeladen.« Kaum ein Land der Welt ist so stark abhängig von den Öleinnahmen wie der Irak. Das Land ist nach Angaben der Internationalen Energieagentur der fünftgrößte Erdölproduzent. Auch Gas exportiert der Irak über ein 2022 eröffnetes LNG-Terminal der Basra Gas Company.

»Gute Erfahrungen mit Siemens« - andere Unternehmen erwünscht

Am Rande des Besuchs unterzeichnete Siemens Energy auch eine Absichtserklärung mit Iraks Elektrizitätsminister Siad Ali Fadhil, um die Infrastruktur der notorisch schlechten Stromversorgung im Land auszubauen. »Wir haben gute Erfahrungen mit Siemens gemacht. Wir haben den Wunsch geäußert, andere (deutsche) Unternehmen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Landwirtschaft zu sehen«, sagte Al-Sudani.

Konkret soll Siemens Energy mit fossilen und erneuerbaren Energieträgern betriebene Kraftwerke in einer Dimension von rund sechs Gigawatt auf- und ausbauen. Die Projekte sollen Stromausfälle reduzieren und den CO2-Ausstoß senken. Der Irak leidet unter einer notorisch schlechten Stromversorgung mit häufigen Ausfällen. Diese sind neben der schlechten Wirtschaftslage und Korruption einer der Gründe für die Massenproteste, die den Irak seit 2019 in mehreren Wellen erschütterten.

Al-Sudani muss zu Hause liefern

Al-Sudani absolvierte seinen Antrittsbesuch in Berlin, nachdem er im Oktober nach monatelangen Machtkämpfen seine Regierung gebildet hatte. Der neue Regierungschef steht unter Druck, sein Land nach Jahren des Kriegs gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aus einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise zu führen.

Die lange politische Krise im Irak war vor einigen Monaten gewaltsam eskaliert. Milizen lieferten sich in der sogenannten Grünen Zone in Bagdad schwere Kämpfe unter Feuersalven. Dabei wurden mehrere Menschen getötet und Hunderte verletzt. Anhänger des einflussreichen schiitischen Geistlichen Muktada al-Sadr hatten zuvor den Regierungspalast mit dem Büro des Ministerpräsidenten sowie das Parlamentsgebäude gestürmt und besetzt. Nach einer Parlamentswahl verging ein Jahr bis zur Bildung der jetzigen Regierung.

Der IS kontrollierte noch vor einigen Jahren große Gebiete im Irak und in Syrien und rief dort ein sogenanntes Kalifat aus. Die Terroristen sind dort mittlerweile militärisch besiegt, sie sind aber weiterhin aktiv und verüben Anschläge.

© dpa-infocom, dpa:230113-99-202590/3