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Scholz: Westbalkanstaaten gehören in die Europäische Union

Nach Russlands Angriff auf die Ukraine will die EU Fortschritte auf dem Balkan. Drei in Berlin geschlossene Abkommen können ein Schritt für mehr Zusammenarbeit sein. Doch es gibt einige ungelöste Probleme.

Westbalkan-Gipfel
Bundeskanzler Olaf Scholz (M, SPD) spricht zum Auftakt des Westbalkan-Gipfels. Foto: Michele Tantussi
Bundeskanzler Olaf Scholz (M, SPD) spricht zum Auftakt des Westbalkan-Gipfels.
Foto: Michele Tantussi

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Spitze der EU haben die Beitrittsperspektive der Westbalkanstaaten zur Europäischen Union bekräftigt. »Die sechs Staaten des westlichen Balkans gehören in die Europäische Union. Sie sind Teil Europas und Teil der europäischen Familie. Deswegen setze ich mich für die Erweiterung der Europäischen Union um die Staaten des Westbalkans ein«, sagte Scholz am Donnerstag in Berlin bei einem Gipfeltreffen mit den Ministerpräsidenten von Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien.

In Berlin unterzeichneten die Vertreter der Westbalkanstaaten Abkommen, mit denen sie gegenseitig Personalausweise, Universitäts- sowie Berufsabschlüsse anerkennen. Sie wurden ermuntert, auch die Verhandlungen über einen gemeinsamen Wirtschaftsraum der Balkan-Staaten zu einem Erfolg zu führen. Scholz nannte zu Beginn der Konferenz auch irreguläre Migration, Korruption und organisierte Kriminalität als fortbestehende Probleme.

Alle sechs Länder streben den Beitritt zur EU an, befinden sich dabei aber in unterschiedlichen Phasen. Der Gipfel fand im Rahmen des sogenannten »Berliner Prozesses« statt, der von der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) 2014 ins Leben gerufen wurde. Mit dem Format soll die EU-Annäherung der Westbalkan-Staaten vorangebracht werden. Scholz sagte auch, die Abkommen würden in einem Umfeld erhöhter Dringlichkeit eingegangen. »Russlands brutaler Angriffskrieg gegen die Ukraine zwingt uns dazu, zusammenzustehen und Europas Freiheit sicher zu verteidigen«, sagte Scholz.

Von der Leyen: Schnell an die EU heranbringen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte, man wolle die Westbalkanstaaten so schnell wie möglich so eng wie möglich an die Europäische Union heranbringen. Zur Unterstützung der sechs Länder in der Energiekrise kündigte die deutsche Politikerin ein Hilfspaket in Höhe von einer Milliarde Euro an Zuschüssen an. Die Hälfte davon solle bereits im Januar ausbezahlt werden und vor allem Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen unterstützen, die hohen Energiepreise abzufedern. Die andere Hälfte solle mittel- und langfristig zur Diversifizierung der Energieversorgung beitragen, also etwa Investitionen in erneuerbare Energien oder neue Gas- und Elektrizitätsverbindungen ermöglichen.

Edi Rama: Abkommen sind »riesengroßer Erfolg«

Als Gastgeber des Folgegipfels bezeichnete Albaniens Ministerpräsident Edi Rama die Unterzeichnung der drei Mobilitätsabkommen als »riesengroßen Erfolg«. Diesem seien jahrelange Verhandlungen unter tätiger Mithilfe der Bundesregierung vorausgegangen. Darüber hinaus begrüßte Rama die angekündigten Hilfen für den Ausbau der Energiesicherheit der Westbalkanstaaten. »Wir sehen, dass man uns nicht auf uns allein gestellt lässt«, sagte er.

Der FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae hatte im Streit um irreguläre Migration erkennbaren Druck auf Serbien gefordert. »Es darf nicht einfach hingenommen werden, dass Serbien Geflüchtete aus anderen Ländern visafrei einreisen lässt, um sie dann weiter in EU-Mitgliedstaaten zu schleusen. Die EU-Beitrittsverhandlungen mit Serbien müssen daher unverzüglich eingefroren werden, solange die serbische Regierung bei diesem europafeindlichen Kurs bleibt«, sagte Thomae. Und: »Man kann nicht zugleich in das europäische Haus aufgenommen werden wollen und vorher noch den Vorgarten verwüsten.«

© dpa-infocom, dpa:221103-99-368024/3