Mit einem dreitägigen Kanada-Besuch wollen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) die Wirtschaftsbeziehungen zum zweitgrößten Land der Welt deutlich stärken. Im Mittelpunkt werden dabei Energie- und Rohstofflieferungen nach Deutschland stehen.
Scholz und Habeck brachen am späten Sonntagnachmittag nach Montreal auf, anschließend geht es weiter in die Wirtschaftsmetropole Toronto und nach Neufundland im Osten des Landes. Drei Stationen in drei Tagen - das ist der bisher längste Antrittsbesuch des Kanzlers in einem einzigen Land.
Bei den Gesprächen mit Ministerpräsident Justin Trudeau wird es aber auch um die Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine gehen und um den Umgang mit China.
Habeck und Scholz wollen am späten Sonntagnachmittag nach Montreal aufbrechen, anschließend geht es weiter in die Wirtschaftsmetropole Toronto und nach Neufundland im Osten des Landes. Drei Stationen in drei Tagen - das ist der bisher längste Antrittsbesuch des Kanzlers in einem einzigen Land.
»Wir wollen ein verlässliches Netzwerk industrieller Zusammenarbeit schaffen und dabei die Vorteile nutzen, die Kanada und Deutschland mitbringen«, hatte Scholz schon Anfang August in einem Interview mit der kanadischen Zeitung »Globe and Mail« mit Blick auf die Reise gesagt. »Wir brauchen jetzt konkrete Maßnahmen und ich denke, dies ist für unsere beiden Länder wirtschaftlich sehr sinnvoll.«
Hoffnungen bei der deutschen Wirtschaft
Die deutsche Wirtschaft erhofft sich vor allem durch die für den Herbst erwartete Ratifizierung des Freihandelsabkommens Ceta zwischen der Europäischen Union und Kanada durch den Bundestag Impulse für die Handelsbeziehungen. »Sie gäbe in insgesamt schwierigen handelspolitischen Zeiten ein wirksames Signal für offene Märkte und regelbasierten Handel«, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Peter Adrian, vor der Abreise.
An dem Abkommen gibt es aber auch heftige Kritik. Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Umweltschützern und Menschenrechtsgruppen warnte den Bundestag am Wochenende vor einer Zustimmung zu Ceta. Der Vertrag schütze einseitig Konzerninteressen, indem es demokratische Willensbildung untergrabe und wirksame Politik zum Schutz von Klima, Umwelt und sozialen Leistungen verhindere, heißt es in einem Appell der Organisationen aus Europa und Kanada.
Ceta lege dem angesichts der Klimakrise dringend notwendigen Ausstieg aus fossilen Energien nur Steine in den Weg, hieß es. »Denn die Einführung von Sonderrechten für Konzerne käme vor allem den Öl-, Gas- und Rohstoffunternehmen zugute.« Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem Attac, die Naturschützer von Greenpeace, Nabu und Bund sowie der Paritätische Wohlfahrtsverband, Verdi, Foodwatch, Climate Action Network Canada und Friends of the Earth Canada.
Auch Deutschland will dem Ceta-Vertrag zustimmen. Die Ratifizierung ist für den Herbst geplant. Das Handelsabkommen war bereits 2017 in Teilen in Kraft getreten - allerdings nur in den Bereichen, für die unzweifelhaft allein die EU zuständig ist und nicht deren Mitgliedstaaten. Die anderen Teile liegen auf Eis, bis die Ratifizierung in allen Ländern abgeschlossen ist.
Scholz und sein Wirtschafts- und Klimaminister Habeck sind erst zum zweiten Mal gemeinsam im Ausland unterwegs. Im Mai waren sie zusammen bei einem Nordsee-Gipfel, bei dem es um die verstärkte Nutzung der Windkraft ging.
Viele Stationen auf der Reise
Die politischen Gespräche mit Trudeau finden am Montag in Montreal statt, wo der kanadische Ministerpräsident seinen Wahlkreis hat. Anschließend geht es weiter in die Wirtschaftsmetropole Toronto, wo Scholz, Habeck und Trudeau an einer deutsch-kanadischen Wirtschaftskonferenz teilnehmen. Kanzler und Vizekanzler werden von gut einem Dutzend Wirtschaftsvertretern begleitet.
Für Dienstagnachmittag ist dann noch ein Besuch in dem abgelegen Ort Stephenville in Neufundland geplant. Dort wird es um die Entwicklung von Wasserstofftechnologien und den Aufbau von Lieferketten für Wasserstoff gehen. Dazu soll auch ein Abkommen unterzeichnet werden. Mehr Flüssiggas (LNG) aus Kanada ist in den nächsten ein, zwei Jahren noch nicht zu erwarten, weil die Infrastruktur dafür noch fehlt. Bei der Zusammenarbeit im Rohstoffbereich geht es unter anderem um Kobalt, Nickel, Grafit und Lithium - Mineralien, die man für die Herstellung von Batterien braucht.
Kanada ist mit einer Fläche von fast zehn Millionen Quadratkilometern nach Russland das zweitgrößte Land der Welt, mit etwa 37 Millionen Einwohnern aber vergleichsweise dünn besiedelt. Das Land ist Partner Deutschlands in der G7 wirtschaftsstarker Demokratien und in der Nato.
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