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Scholz: Kein Lockdown mehr wie in den vergangenen Jahren

Im September läuft die Rechtsgrundlage für Corona-Schutzvorkehrungen aus. Die Ampel will dafür rasche Vorbereitungen treffen. Bestimmte Maßnahmen schließen der Kanzler und der Justizminister jedoch aus.

Bundeskanzler Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht beim ARD-Sommerinterview auf der Terrasse des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses. Foto: Christoph Soeder
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht beim ARD-Sommerinterview auf der Terrasse des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses.
Foto: Christoph Soeder

Bundeskanzler Olaf Scholz hält für den kommenden Herbst und Winter nicht mehr so drastische Corona-Maßnahmen für nötig wie in den Jahren zuvor.

»Schulschließungen sollte es nicht mehr geben, und ich glaube auch nicht, dass wir so einen Lockdown brauchen, wie wir ihn in den letzten Jahren hatten«, sagte der SPD-Politiker am Sonntag im ARD-Sommerinterview im »Bericht aus Berlin«.

Man habe inzwischen eine »völlig veränderte Situation«, sagte Scholz mit Blick auf eine Impfquote von 76 Prozent (Grundimmunisierung) in Deutschland. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte sich zuvor ähnlich geäußert.

Die Infektionszahlen steigen seit einiger Zeit, die ansteckendere Omikron-Sublinie BA.5 dominiert das Infektionsgeschehen. Die Zahl der Schwerkranken, die auf Intensivstationen in Deutschland mit Covid-19 behandelt werden, stieg nach Angaben vom Sonntag erstmals seit Mitte Mai auf 1000. Experten halten eine Welle auch für Herbst und Winter für möglich.

Befürchtet wird eine erhebliche Belastung des Gesundheitssystems und der kritischen Infrastruktur. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warnte zuletzt vor einer deutlichen Verschärfung der Lage. Rufe nach einer schnellen rechtlichen Vorbereitung für eine Herbstwelle wurden laut. Im Frühjahr waren die Corona-Bestimmungen stark zurückgefahren worden, die bundesweite Rechtsgrundlage läuft am 23. September aus.

Ab Herbst wieder größere Rolle von Masken und Tests

Kanzler Scholz kann sich vorstellen, dass Test- und Maskenpflichten im Herbst und Winter wieder eine größere Rolle spielen werden. »Es muss darüber diskutiert werden, ob die Tests wieder genutzt werden«, sagte er in der ARD.

Und zur Maskenpflicht, die es hauptsächlich noch in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Einrichtungen mit Risikogruppen wie Kliniken und Pflegeheimen gibt, sagte er: »Ich glaube, dass man schon davon ausgehen muss, dass die Maske im Herbst und Winter schon eine größere Rolle spielen wird als jetzt.«

So drastische Corona-Maßnahmen wie in den beiden Vorjahren soll es nicht wieder geben. »Schulschließungen sollte es nicht mehr geben, und ich glaube auch nicht, dass wir so einen Lockdown brauchen, wie wir ihn in den letzten Jahren hatten«, sagte er.

Corona-Impfung: Vierte Spritze für alle über 60 - »weil das hilft«

Scholz rief alle Menschen ab 60 Jahre zu einer vierten Impfung gegen Corona auf. Der 64-Jährige verriet, dass er selbst auch zu den sieben Prozent der Menschen in Deutschland zählt, die bereits eine zweite Auffrischungsimpfung nach den beiden Impfungen für die Grundimmunisierung erhalten haben.

Es wäre eine »gute Sache«, wenn alle Menschen über 60 das auch tun würden, »weil das hilft«. Scholz wies darauf hin, dass er selbst sich noch nicht mit Corona infiziert habe. »Vielleicht ist die Tatsache, dass ich mich vier Mal habe impfen lassen, der Grund, warum es nicht passiert ist.«

Arroganz: »Ich glaube nicht, dass das so ist«

Die zunehmende Kritik an seinem Kommunikationsstil wies Scholz damit zurück, dass er keine leeren Versprechungen machen wolle. »Ich bin überzeugt, dass ich richtig darin liege, dass ich nicht zu den Politikern zähle, die jede Woche eine Ankündigung machen, von denen etwa 90 Prozent nichts werden«, sagte er.

Dem Kanzler wird vorgeworfen, dass er seine Politik nicht gut genug erklärt und bei öffentlichen Auftritten manchmal arrogant wirkt. Zu letzterem Vorwurf sagte er: »Ich glaube nicht, dass das so ist, deshalb teile ich die Einschätzung nicht.«

Kalt duschen? »Ich nicht, um ehrlich zu sein«

In einem über soziale Medien ausgestrahlten Teil des Interviews, in dem Scholz auch auf Bürgerfragen antwortete, gab es auch ein paar Einblicke in das Privatleben des Kanzlers. Er sagte, dass er selbst einkaufen gehe und zeigte sich einigermaßen treffsicher bei den Fragen nach den Preisen für Butter und Erdbeeren.

Kalt duschen, um Energie zu sparen, würde dem Kanzler schwer fallen. »Das muss jeder für sich selber überlegen, was er richtig findet im Leben.« Einige duschten sowie immer kalt, weil sie das für ihre eigene Gesundheit richtig fänden. »Ich nicht, um ehrlich zu sein«, sagte er.

Klima: »Meine CO2-Bilanz (ist) furchtbar«

Unangenehm war Scholz nach eigenen Worten die Frage nach seiner CO2-Bilanz. Er wies darauf hin, dass er mit gepanzerten Fahrzeugen gefahren wird und als Bundeskanzler ein Vielflieger ist. Deswegen sei seine CO2-Bilanz »furchtbar«, sagte er. »Ich finde da sollte man nicht drumrumreden.« Ein Tempolimit auf Autobahnen schloss Scholz aus. »Das hat diese Regierung nicht vereinbart und deswegen kommt es auch nicht.«

© dpa-infocom, dpa:220703-99-892156/5