Russlands Wahlkommission hat der kremlkritischen Journalistin Jekaterina Dunzowa die Registrierung ihrer Initiativgruppe zur Präsidentenwahl am 17. März verwehrt. Es habe mehrere Fehler gegeben bei der Organisation der Initiativgruppe und in den vorgelegten Dokumenten, teilte die Kommission mit.
Dunzowa kündigte an, Beschwerde vor dem Obersten Gericht gegen diese »unrechtmäßige Entscheidung« einzulegen. Sie appellierte auch an die liberale Oppositionspartei Jabloko, sie als Kandidatin aufzustellen. Die Partei teilte mit, dass Dunzowa unbekannt sei.
Die 40 Jahre alte Dunzowa hatte zuvor die Politik und den Krieg von Kremlchef Wladimir Putin gegen die Ukraine kritisiert und sich Wählern als Alternative angeboten. Sie trete für eine »friedliche und demokratische Zukunft Russlands« ein, sagte sie. Die Initiativgruppe hätte sie gebraucht, um Unterstützungsunterschriften für die Registrierung als Kandidatin für das Präsidentenamt zu erhalten. Dafür bleibe nun keine Zeit mehr, sagte Dunzowa.
Einzelne Buchstabendreher als »schwere Fehler« ausgelegt
Eine Aufstellung durch eine Partei wie Jabloko könnte ihr helfen. »Wir dürfen nicht tatenlos bleiben!« Sie habe viele Unterstützer, sagte Dunzowa, die auf der Plattform Telegram fast 300.000 Abonnenten hat. Den Anhängern Dunzowas zufolge wurden einzelne Buchstabendreher bei Namen als »schwere Fehler« in den Unterlagen ausgelegt.
Die Chefin der Zentralen Wahlkommission, Ella Pamfilowa, gilt als enge Vertraute Putins. Sie sagte: »Sie sind eine junge Frau. Sie haben noch alles vor sich. Jedes Minus kann man in ein Plus umdrehen. Jede Erfahrung ist eine Erfahrung.« Russische Staatsmedien hatten die Journalistin vorher mit dem im Exil lebenden Putin-Gegner Michail Chodorkowski, der oppositionelle Projekte in Russland finanziert, in Verbindung gebracht.
Der Moskauer Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow wertete die Entscheidung der Wahlkommission als Zeichen der Angst. Der Kreml befürchte, es könne doch etwas nicht nach Plan laufen. »Wie sehr muss der Machtapparat nicht mehr von sich selbst überzeugt sein, wenn er selbst jemanden wie Dunzowa nicht zulässt«, meinte der langjährige Chefredakteur der in Russland eingestellten kremlkritischen Zeitung »Nowaja Gaseta«. Dunzowa ist politisch bisher unbekannt in Russland.
Kampagne »Russland ohne Putin«
Anhänger des inhaftierten und seit mehr als zwei Wochen verschwundenen Kremlgegners Alexej Nawalny hatten vor der Wahl die Kampagne »Russland ohne Putin« gestartet. Sie rufen dazu auf, für einen beliebigen anderen Kandidaten zu stimmen - nur nicht für Putin.
Gegner Putins beklagen immer wieder, dass die Wahlkommission die Registrierung von Kandidaten unter Berufung auf Formfehler ablehne. Es wird erwartet, dass auch bei der kommenden Präsidentenwahl allenfalls Kandidaten zugelassen werden, die keine ernsthafte Konkurrenz für den Amtsinhaber darstellen.
Die im Parlament - in der Staatsduma - vertretenen Kommunisten stellten den 75 Jahre alten Nikolai Charitonow und nicht den viel bekannteren Parteichef Gennadi Sjuganow als Kandidaten auf. Die Duma-Partei Gerechtes Russland verzichtete diesmal auf einen eigenen Bewerber und verkündete, Putin zu unterstützen. Die nationalistische Duma-Partei LDPR schickt ihren Vorsitzenden Leonid Sluzki als Kandidat ins Rennen, der allerdings selbst Putin unterstützt.
Wahlkommissionschefin Pamfilowa gab die Zahl der Interessenten am Präsidentenamt am Samstag mit 29 an. Es gilt als sicher, dass Putin auch bei seiner fünften Präsidentenwahl als Sieger hervorgehen wird. Der Kremlchef hatte eigens die Verfassung ändern lassen, um wieder antreten zu können. Nach derzeit gültiger Version der Verfassung kann der 71-Jährige 2030 das letzte Mal antreten. Die Amtszeit des Präsidenten in Russland beträgt sechs Jahre.
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