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Russische Journalistin Owsjannikowa vorübergehend in Haft

Die Aktion machte Marina Owsjannikowa weltberühmt: In einer Live-Sendung des russischen Staatsfernsehens hält sie ein Protestplakat in die Kamera. Nun protestiert sie wieder gegen den Krieg. Mit Folgen.

Journalistin Marina Owsjannikowa
Die durch ihren Kriegsprotest im russischen Fernsehen bekannt gewordene Journalistin Marina Owsjannikowa bei einem Interview mit der dpa. Foto: Annette Riedl
Die durch ihren Kriegsprotest im russischen Fernsehen bekannt gewordene Journalistin Marina Owsjannikowa bei einem Interview mit der dpa.
Foto: Annette Riedl

Nach einer zweiten Protestaktion gegen Russlands Angriffskrieg in der Ukraine ist die Fernsehjournalistin Marina Owsjannikowa mehreren Berichten zufolge vorübergehend festgenommen worden. Auf ihrem Telegram-Kanal wurden am Sonntag Fotos gepostet, die angeblich zeigen, wie sie von Polizisten in einen Minibus abgeführt wird.

Auch das Bürgerrechtsportal »OVD-Info« in Moskau und die Organisation Cinema for Peace in Deutschland berichteten über die Festnahme. Die frühere Mitarbeiterin des russischen Ersten Kanals sei in das Krasnoselski-Polizeirevier in Moskau gebracht worden. In der Nacht zum Sonntag meldete »OVD-Info« bei Twitter unter Berufung auf den Anwalt Dmitri Sachwatow, Owsjannikowa sei wieder frei.

Owsjannikowa hatte am Freitag Fotos gepostet, wie sie mit einem Protestplakat in Sichtweite des Kremls steht. »Putin ist ein Mörder«, stand auf dem Plakat und: »Seine Soldaten sind Faschisten.« In der Ukraine seien bereits 352 Kinder getötet worden. »Wie viele Kinder müssen noch sterben, bis ihr aufhört?«

Protest wird minutenschnell unterbunden

Unklar blieb, von wann die Bilder waren und wie lange Owsjannikowa an der Uferstraße des Flusses Moskwa gestanden hatte. Üblicherweise unterbindet die russische Polizei solche Proteste in Minutenschnelle.

Die Mitarbeiterin des russischen Staatsfernsehen hatte im März in einer Live-Sendung ein Protestplakat gegen den Krieg gezeigt. Darauf stand: »Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen«. Dafür bekam die bis dahin als linientreu geltende Redakteurin weltweit Anerkennung. In Russland wurden Geldstrafen gegen sie verhängt. Nach der Aktion lebte sie zwischenzeitlich im Ausland und berichtete für die deutsche Zeitung »Welt«.

TV Rain sendet wieder

Unterdessen hat der kremlkritische russische Fernsehsender TV Rain am Montag wieder seinen Betrieb aufgenommen. »Nach der erzwungenen Sendeunterbrechung im März ist es uns gelungen, das Team und die wichtigsten Prinzipien zu erhalten: Wie die letzten zwölf Jahre werden wir über Ereignisse und Erscheinungen ohne Zensur und Manipulation berichten«, teilte der Sender auf seinem Youtube-Kanal mit, über den er am Abend seine Berichterstattung startete.

Der Start um 20.00 Uhr Moskauer Zeit (19.00 Uhr MESZ) begann mit der Nachrichtensendung »Hier und jetzt«. Die Rückkehr in den Sendebetrieb werde allmählich vonstatten gehen, zunächst sollen nur Nachrichtenprogramme und einige Autorenstücke ausgestrahlt werden, kündigte TV Rain an. »Wegen der in Russland erlassenen repressiven Gesetze waren wir gezwungen auszureisen und arbeiten jetzt außerhalb des Landes«, teilte das Unternehmen mit. Die neue TV-Gesellschaft sei in Lettland gegründet worden, Studios sollen aber auch in Amsterdam, Tiflis und Paris aufgebaut werden.

In Russland hatte TV Rain den Sendebetrieb am 3. März eingestellt. Zwei Tage zuvor war die Webseite des Kanals von der russischen Medienaufsichtsbehörde wegen der Verbreitung angeblicher Falschinformationen über den Einsatz der russischen Armee in der Ukraine gesperrt worden. Der Sender hatte sein Programm zuletzt weitgehend über das Internet verbreitet, nachdem Kabelanbieter den oppositionellen Sender schon 2014 im Zuge der Krim- und Ukrainekrise abgeschaltet hatten.

© dpa-infocom, dpa:220717-99-58343/6