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Richterbund: Neue Anforderungen an V-Leute realitätsfern

Zur Aufklärung schwerer Straftaten kommen sie zum Einsatz: V-Leute und verdeckte Ermittler. Das Bundesjustizministerium möchte dafür strengere Regeln festlegen, doch vom Richterbund gibt es Kritik.

Untersuchungsausschuss Anschlag Breitscheidplatz
Teilnehmer des Bundestags-Untersuchungsausschusses zum Terroranschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Foto: Christoph Soeder/DPA
Teilnehmer des Bundestags-Untersuchungsausschusses zum Terroranschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz.
Foto: Christoph Soeder/DPA

Das Bundesjustizministerium will seine im Dezember vorgestellten Pläne zum Einsatz von Polizei-Informanten und verdeckt operierenden Ermittlern bald ins Kabinett bringen, doch vom Deutschen Richterbund (DRB) gibt es Gegenwind. "Die Gesetzespläne der Bundesregierung zum Einsatz von verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen schießen über das Ziel hinaus, die bewährten und von der Rechtsprechung anerkannten Regeln für Einsätze gesetzlich zu verankern", sagte der DRB-Bundesgeschäftsführer, Sven Rebehn, der Deutschen Presse-Agentur. Das Vorhaben der Ampel sehe "realitätsferne Anforderungen an die sogenannten V-Leute sowie "überbordende Dokumentationspflichten" vor. Beides erschwere einen Einsatz solcher Informanten deutlich. 

Sogenannte Vertrauenspersonen (V-Personen) bewegen sich, wenn sie sich der Polizei als Informanten anbieten, bereits in einer kriminellen oder extremistischen Szene. Verdeckte Ermittler sind Polizeibeamte, die mit einer Legende ausgestattet in einem bestimmten Milieu ermitteln. 

Der an der Erarbeitung eines Entwurfs für ein Gesetz, das hierzu Vorgaben machen soll, maßgeblich beteiligte Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Benjamin Strasser (FDP), sagte auf Anfrage, er sei zuversichtlich, dass die Bundesregierung dem Bundestag zeitnah den Gesetzentwurf zur Beratung vorlegen könne. Unter anderem die Untersuchungsausschüsse zu den Morden des rechtsterroristischen NSU und die Erkenntnisse nach dem islamistischen Anschlag auf einem Berliner Weihnachtsmarkt 2016 hätten gezeigt, wie notwendig eine gesetzliche Regelung zu Vertrauenspersonen sei. 

Ein Mann mit dem Decknamen »Murat Cem« - in den Akten wird er als Vertrauensperson »VP-01« geführt - war jahrelang ein Top-Informant der Polizei in Nordrhein-Westfalen. Nachdem er gegen Geld wertvolle Informationen aus anderen Kriminalitätsbereichen geliefert hatte, wechselte er in die Islamistenszene. Dort lernte er auch den späteren Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri kennen, vor dessen Gewaltbereitschaft er die Polizei dringend warnte.

»Im Bemühen um eine möglichst umfassende Transparenz gerät der Gesetzentwurf aus der Balance und verliert die staatliche Aufgabe einer effektiven Strafverfolgung teilweise aus dem Blick«, kritisierte Rebehn. Vertrauenspersonen der Polizei seien aber unverzichtbar, um in abgeschotteten Milieus der Organisierten Kriminalität oder des Extremismus schwerwiegende Straftaten aufklären zu können. Der Bundestag sollte die breite Kritik an den Plänen aus der Praxis aufnehmen und den Entwurf nachbessern.

Pressemitteilung BMJ zum Referentenentwurf

© dpa-infocom, dpa:240204-99-863049/3