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Ramelow reumütig nach Clubhouse-Auftritt

Der Hype um Clubhouse in Deutschland ist noch jung, doch Bodo Ramelow fliegen seine Plaudereien nun um die Ohren. Die Äußerungen des Thüringer Ministerpräsidenten sorgen weiter für Kritik - der Linke versucht es derweil mit einer Entschuldigungsoffensive.

Bodo Ramelow
Bodo Ramelow steht in der Kritik. Foto: Bodo Schackow/dpa-Zentralbild/dpa
Bodo Ramelow steht in der Kritik. Foto: Bodo Schackow/dpa-Zentralbild/dpa

ERFURT. In der Ministerpräsidentenkonferenz auf dem Smartphone rumdaddeln und die Kanzlerin als »Merkelchen« verniedlichen: Nur wenige Tage nach dem Beginn des Hypes um die Talk-App Clubhouse in Deutschland hat sich bereits der erste Spitzenpolitiker mit Plaudereien in Bedrängnis gebracht.

Und die Kritik an Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow nach seiner lockeren Auftritt in der App ebbt noch nicht ab - heute wurde sie auch in Ramelows eigenem Kabinett laut. Der Linken-Politiker hat sich selbst inzwischen mehrfach auf verschiedenste Weise für seine Aussagen in der Nacht zu Samstag entschuldigt. Der kommunikative Fauxpas könnte ihn aber auch in der neuen Woche noch weiter verfolgen.

Der FDP-Fraktionsvize Michael Theurer etwa stellte am Montag die Frage nach der »Selbstbeherrschung mancher Politiker«, wenn es um die App Clubhouse gehe. »So wie einst Robert Habeck Twitter deinstalliert hat, weil ihm die Disziplin für diese App fehlte, stellen sich ähnliche Fragen, wenn Philipp Amthor (CDU) oder Bodo Ramelow zu nachtschlafender Stunde ein Ständchen trällern«, sagte der Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur.

Doch was war überhaupt geschehen? Ramelow gilt als Mensch, der sehr affin für neue Medien ist und ihre unterschiedlichen Kanäle gerne für seine Kommunikation nutzt. Der neueste Hit derzeit: Die Audio-App Clubhouse. In der Social-Media-App aus den USA können sich die Nutzer an Talkrunden beteiligen. Ramelow ist der App zufolge seit dem 21. Januar angemeldet, in der Nacht zu Samstag nahm er, wie er der dpa sagte, an der Talkrunde »Trash und Feuilleton« teil - und plauderte aus dem vielzitierten Nähkästchen.

So erzählte der Linke-Politiker, dass er sich während der Beratungen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Corona-Krise gerne dem Onlinespiel Candy Crush widme. Wie die »Welt am Sonntag« berichtete, sagte Ramelow, er schaffe dabei bis zu zehn Level. »Die einen spielen Sudoku, die anderen spielen auf ihren Handys Schach oder Scrabble, und ich spiele Candy Crush«, sagte Ramelow am Sonntag der dpa. Zudem soll er bei seinem Auftritt gesungen und die Kanzlerin als »Merkelchen« bezeichnet haben. Letzteres sei aus dem Kontext gerissen worden, sagte der Linken-Politiker der dpa.

Auf das Geplauder folgten zahlreiche spitze Medienberichte, politische Kritik vor allem aus Thüringen und der Vorwurf, dass der Ministerpräsident bei den wichtigsten Beratungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie nicht verantwortungsvoll agiere. Einer der Kritiker: Thüringens Innenminister. »Wenn sich bewahrheitet, dass Bodo Ramelow während der Ministerpräsidentenkonferenz Handyspiele spielt, dann sollte er sein Verhalten überprüfen«, sagte Georg Maier (SPD) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Montag). »Dazu ist die Situation zu ernst.« Ramelow bemühte sich derweil, offensiv und mit zahlreichen Entschuldigungen den Schaden möglichst klein zu halten.

»Ab sofort, wenn ich jetzt dieses Format anmache, merke ich, im Hinterkopf habe ich jetzt die Lernkurve von vorgestern und gestern«, sagte der Linke-Politiker am Sonntag bei einem erneuten Auftritt bei Clubhouse. Die Analyse eines Mediendienstes, dass der Feind stets mithöre, habe er nun hinsichtlich der App verinnerlicht. Ganz explizit entschuldigte er sich für die Formulierung »Merkelchen«: »Eine kluge Frau hat mir auf @clubhouse_de gerade schlüssig den eigentlichen Fauxpas meiner Clubhaus Plauderei dargelegt und es hat mich überzeugt«, twitterte Ramelow am Sonntagabend. »Den Namen der Bundeskanzlerin zu verniedlichen war ein Akt männlicher Ignoranz. Dafür meine ehrliche Bitte um Entschuldigung.«

Dass er während der Bund/Länder-Beratungen auch mal Candy Crush spiele, sei dagegen kein Aufreger und auch kein Geheimnis. Wenn man wisse, dass eine Ministerpräsidentenkonferenz zurzeit um die zehn Stunden dauere und viel Leerzeit beinhalte, »dann gebe ich gerne zu, dass der eine Sudoku spielt, der andere strickt oder häkelt oder sonst was macht - und ich eben Candy Crush spiele.«

Thüringens CDU-Chef Christian Hirte hält das für respekt- und verantwortungslos. »Entweder ist es Ausdruck von Arroganz der Macht oder Amtsmüdigkeit«, schrieb Hirte am Sonntag bei Twitter. Bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie gehe es um Leben und Tod sowie um Existenzen und die Zukunft einer Schüler-Generation. »Wer sein Amt als Ministerpräsident so versteht, verspielt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger«, schrieb Hirte. Die Thüringer FDP-Fraktion bezeichnete Ramelows Agieren in der Corona-Pandemie als chaotisch, der AfD-Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner bewertete Ramelow als »peinlich für Thüringen«.

Aus Sicht von FDP-Politiker Theurer lassen Ramelows Offenbarungen erahnen, »wie es um das Diskussionsniveau in den ausufernden Ministerpräsidentenrunden bestellt ist«. »Dass diese Runde de facto einen Großteil der Legislativfunktionen in Deutschland von Bundestag und Landtagen ins Hinterzimmer verlagert hat ist völlig inakzeptabel. Die Entscheidungen und die Diskussion darüber müssen zurück in die Parlamente«, sagte Theurer der dpa - und wiederholte damit eine immer wieder von den Liberalen erhobene Forderung. (dpa)