Russlands Präsident Wladimir Putin hat knapp einen Monat nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine mit einem ökonomischen Schachzug für weitere Unruhe gesorgt.
Für Gaslieferungen aus Russland müssen Kunden in Deutschland und anderen EU-Staaten künftig in Rubel bezahlen. Die Lieferungen würden weiter in vollem Umfang gewährleistet, versicherte der Kremlchef in einer Videokonferenz der Regierung, die im Staatsfernsehen übertragen wurde. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warf Putin Vertragsbruch vor, die Gaswirtschaft reagierte mit Unverständnis. Der Vorstoß belastete zudem die Aktienmärkte.
Von der Maßnahme betroffen sind nach russischen Angaben die auf einer schwarzen Liste festgehaltenen »unfreundlichen Staaten«. Dazu gehören Deutschland und alle anderen EU-Staaten, aber etwa auch die USA, Kanada und Großbritannien. Die Ankündigung sorgte prompt für eine Stärkung der russischen Währung, die massiv unter Druck steht.
Die Zentralbank und die russische Regierung hätten nun eine Woche Zeit, die Modalitäten für die Umstellung von Devisen- auf Rubelzahlungen festzulegen, sagte Putin. Eine Zahlung für russische Waren in Devisen habe ihren Sinn verloren. Minister Habeck zufolge will die Bundesregierung mit den europäischen Partnern über den Schritt beraten. Die Maßnahme zeige einmal mehr, dass Russland kein stabiler Partner sei.
Für Gaslieferungen aus Russland gibt es bisher langfristige Verträge, die in der Regel auf Dollar und Euro lauten. »Putin sendet damit zunächst einmal ein politisches Signal«, sagte Analyst Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. »Letztlich handelt es sich wohl um eine Retourkutsche auf die verhängten Sanktionen des Westens.«
Der Ökonom Jens Südekum sprach von einem »klaren Vertragsbruch« durch Russland und einer Eskalation des Wirtschaftskrieges zwischen dem Westen und Moskau. Die USA und andere westliche Länder hatten als Reaktion auf den Einmarsch Russlands in die Ukraine einen großen Teil der russischen Währungsreserven eingefroren und zahlreiche weitere Sanktionen verhängt, die einzelne Personen und die russische Wirtschaft insgesamt treffen sollen. Der Rubel ist seitdem auf historische Tiefstände gefallen.
Inwieweit die Liquidität am Rubelmarkt derzeit ausreiche, um alle Gasrechnungen in der russischen Währung zu begleichen, sei schwer zu sagen, ergänzte Umlauf. »Besonders tief dürfte der Markt nicht sein, weil ja alle westlichen Länder faktisch außen vor sind.« Allerdings könne die russische Notenbank theoretisch unbegrenzt Rubel drucken und an die Gas-Käuferländer gegen Devisen abgeben, wobei der Umtauschkurs fraglich sei.
»Wir haben die Meldung, dass Russland Gaslieferungen nur noch im Rubel abwickeln will, mit großer Irritation zur Kenntnis genommen«, sagte der Vorstand des Branchenverbandes Zukunft Gas, Timm Kehler, der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. »Welche Auswirkungen das auf den Gashandel konkret haben wird, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen.« Es mache allerdings den Eindruck, dass die Sanktionen wirkten und Putin zunehmend unter Druck gerate.
Der österreichische Energiekonzern OMV will seine Zahlungen für russisches Gas vorerst nicht von Euro auf Rubel umstellen. Laut Vertrag seien die Rechnungen in Euro zu begleichen, sagte OMV-Chef Alfred Stern am Mittwoch dem TV-Sender Puls 24.
© dpa-infocom, dpa:220323-99-640085/3